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08.03.2023 | Insolvenzrecht:
Aufatmen für viele Anleger: BGH äußert sich zur Anfechtbarkeit in Sachen P&R
(Beschluss vom 26.01.2023 – IX ZR 17/22)
Nachdem viele tausende Anleger bereits seit Monaten (hoffnungsvoll) auf eine Reaktion des BGH in Sachen Anfechtbarkeit im Verfahren über das Vermögen der P&R Container-Gesellschaften gewartet hatten, hat der BGH sich nun mit Beschluss v. 26.01.2023 endlich dazu positioniert – und zwar zugunsten der Anleger.
In dem Beschluss, der am gestrigen Dienstag publik wurde, hatte der BGH über die Nichtzulassungsbeschwerde des Insolvenzverwalters Dr. Jaffé zu entscheiden, die dieser gegen das Urteil des OLG Karlsruhe eingelegt hatte, nachdem das Gericht zuvor eine Anfechtbarkeit der Mietzinsen und des Rückkaufswertes abgelehnt hatte und die Revision zum BGH nicht zugelassen hatte. Hiergegen hatte der Insolvenzverwalter Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die der BGH nun mit Beschluss v. 26.01.2023 zurückgewiesen hat. Die Zurückweisung der geltend gemachten Ansprüche aus der gegen die Anleger ausgebrachten Insolvenzanfechtung ist damit rechtskräftig und für viele gleichgelagerte insolvenzrechtliche Anfechtungsfälle gegen P&R Anleger ist Klarheit geschaffen.
Zur Entscheidung:
Der BGH begründet seinen Beschluss umfangreich und hält fest, dass es sich bei der Bezahlung des Rückkaufpreises und der vereinbarten Mieten zu den Containern um eine entgeltliche Leistung handelt und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 134 InsO damit nicht einschlägig sind. Dass die Schuldnerin ein Schneeballsystem betrieben haben soll, sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob die Voraussetzungen des § 134 InsO erfüllt sind.
Da die Schuldnerin (P & R) allein dafür verantwortlich war, dass der jeweilige Anleger Eigentum und Besitz an den Containern erlangte, war der Schuldnerin nach § 326 Abs. 2 BGB der wirtschaftliche Nachteil für Leistungshindernisse nach § 275 Abs.2 BGB zuzurechnen und der Anleger behielt seinen Anspruch auf die Gegenleistung. Unabhängig davon ergibt sich alleine aus § 326 Abs.1 S.1 BGB bei gleichwohl erbrachter Gegenleistung nicht der Schluss auf eine unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO, da § 326 Abs. 4 BGB auf Rückgewähransprüche nach §§ 346 bis 348 BGB verweist. Die Überlegung des Berufungsgerichts zu einer wirtschaftlichen Betrachtung als einheitliches Kapitalanlagemodell hat der BGH dahinstehen lassen, weil jedenfalls alleine aus diesem Grund nicht davon ausgegangen werden könne, Rechtsgrund der Mietzahlungen oder des Rückkaufpreises sei die Hingabe des Kapitals gewesen.
Fazit:
Die Entscheidung des BGH sorgt nicht nur dafür, dass tausende Anleger ihr Geld behalten können und Mieten und Rückkaufpreise nicht an den Insolvenzverwalter zurückbezahlt werden müssen, sondern stellt insgesamt eine bedeutsame Entscheidung zu den Grundsätzen einer Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung nach § 134 InsO dar.
Aktuell liegen dem BGH noch weitere Nichtzulassungsbeschwerden aus anderen Pilotverfahren vor, über die ebenfalls noch zu entscheiden sein wird. Dass die obersten Richter in diesen Fällen gegen den nun durch den jüngst publik gewordenen Beschluss und die darin vorgegebene Linie urteilen werden, ist aber unwahrscheinlich.
Was die zahlreichen vom Insolvenzverwalter bereits gegen Anleger ausgebrachten und rechtshängigen Klageverfahren betrifft, so wird hier abzuwarten sein, wie der Insolvenzverwalter nach der aktuellen Entscheidung des BGH in prozessualer Hinsicht weiter vorgehen wird.
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Christina Elpers
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht