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Bausparkassen dürfen Bausparverträge kündigen, wenn Kunden vor langer Zeit Regelsparraten nicht bezahlt hatten
Sofern Verbraucher Bausparverträge abschließen, aber die monatlichen Regelsparraten nicht regelmäßig einzahlen, steht der Bausparkasse nach einer in den ABB vereinbarten Kündigungsregelung das Kündigungsrecht des gesamten Bausparvertrages zu, sobald der Bausparer nach Aufforderung zur Nachzahlung diese nicht vollständig erbringt. Streitig ist immer wieder die Frage, ob sich die Bausparkasse auf das Kündigungsrecht auch dann berufen kann, wenn die Raten vor vielen, vielen Jahren nicht oder nur teilweise bezahlt worden waren und der Kunde seit geraumer Zeit seine Vertragspflichten ordnungsgemäß und ohne (erneuten) Zahlungsverzug erfüllt.
Hierbei handelt es sich insbesondere um alte Bausparverträge, die hohe Darlehenszinsen von 5 % vorsehen, aber eben auch noch hohe Guthabenzinsen von 2 % oder 3 % p.a.. Da diese in den Zeiten, in denen diese Zinssätze marktgerecht waren, von den Bausparern gar nicht oder nur anteilig bespart wurden, haben die Bausparer die Hoffnung, die hohen Guthabenzinsen noch lange als Kapitalanlage vereinnahmen zu können.
Bereits mehrfach in diesem Jahr hat die 6. Zivilkammer beim Landgericht Nürnberg-Fürth entschieden, dass die Kündigungsregelung, die der Bausparkasse ein Kündigungsrecht bei Nicht-Zahlung der vereinbarten Regelsparraten zubilligt, rechtmäßig ist, denn die Bausparkassen hätten kaum andere Möglichkeiten, die Zahlung der Regelsparraten beim Bausparkunden einzufordern. Der Bausparkasse müsse aber das Recht zugestanden werden, sich von Altverträgen insbesondere dann zu lösen, wenn die Kunden sich nicht vertragsgemäß verhalten haben. Es komme auch nicht darauf an, ob dem Kunden die in den ABB vereinbarte Klausel bei Vertragsabschluss bewusst war, da jeder wisse, dass er sich an seine vertraglichen Verpflichtungen halten müsse.
Der Kündigung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die nicht bezahlten Raten teilweise zehn Jahre und länger zurückliegen, mithin einer Klage auf Zahlung der Raten die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden könne. Die Einrede der Verjährung kann nur einem Zahlungsanspruch entgegengehalten werden. Vertraglich vereinbart ist hingegen ein Kündigungsrecht.
Der Kündigung kann auch nicht die Einrede der Verwirkung entgegengehalten werden, wenn der Bausparer seit vielen Jahren (und gegebenenfalls nach entsprechender Aufforderung der Bausparkasse) aktuell die vertraglich vereinbarten Regelsparraten in voller Höhe pünktlich erbringt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung stellt eine Konkretisierung der Rechtsfigur von Treu und Glauben dar. Die Einrede kann nur von einem Vertragspartner erhoben werden, der sich selbst vertragsgemäß verhalten hat. Das Kündigungsrecht der Bausparkasse entsteht aber nur dann, wenn der Bausparkunde vertragswidrig seiner Verpflichtung zur Leistung der Regelsparraten nicht durchgehend nachgekommen ist. Ein Kunde, der sich selbst nicht vertragsgemäß verhalten hat, kann die Einrede der Verwirkung nicht erheben.
Die Berufungskammer beim Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Revision nicht zugelassen. Das Berufungsurteil, in dem die Kündigung der Bausparkasse bestätigt wurde, ist rechtskräftig.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht