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08.02.2024 | Gesellschaftsrecht:
Beweislastumkehr gem. § 93 II 2 AktG gilt auch im Direktprozess zwischen Gesellschaft und D&O-Versicherer
(OLG Köln, Urt. vom 21.11.2023 – 9 U 206/ 22)
Geschäftsführer und Vorstände haben bei der Ausführung ihres Amtes grundsätzlich die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Bei der Aktiengesellschaft ergibt sich diese Pflicht für den Vorstand aus § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, für den Geschäftsführer einer GmbH aus § 43 Abs. 1 GmbHG. Handelt ein Geschäftsführer oder ein Vorstand dieser Pflicht zuwider, so kann der von ihm geleiteten Gesellschaft gegebenenfalls ein Anspruch auf Ersatz desjenigen Schadens zustehen, welcher der Gesellschaft durch die pflichtwidrige Handlung entstanden ist. Wird ein Geschäftsführer von seiner Gesellschaft, deren Geschäfte er führt oder geführt hat, diesbezüglich in Anspruch genommen, so hat die Gesellschaft grundsätzlich diejenigen Tatsachen schlüssig vorzutragen, die das pflichtwidrige Verhalten des Organs begründen. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer/Vorstand steht dann in der Pflicht, zu beweisen, dass seine Handlung nicht pflichtwidrig war. Es greift insoweit eine Beweislastumkehr.
In denjenigen Fällen, in denen die Gesellschaft auf direktem Weg gegen die D&O-Versicherung ihres vormaligen Geschäftsführers klagt, war bislang umstritten, ob diese Beweislastumkehr auch dort ihre Anwendung findet oder nicht. Zu dieser Frage hat sich nun das OLG Köln geäußert und in seinem Urteil von Ende November 2023 festgestellt, dass auch in diesem Direktprozess die Beweislastumkehr gemäß § 93 Abs. 2 S. 2 AktG (analog) gilt.
Zur Entscheidung:
In dem Fall, den der Senat zu entscheiden hatte, machte eine GmbH Organhaftungsansprüche gegen die D&O-Versicherung ihres ehemaligen Geschäftsführers geltend. Die Gesellschaft hatte die Ansprüche zunächst gegen den Geschäftsführer selbst geltend gemacht, dann aber mit ihm eine Abtretung seines Freistellungsanspruchs gegen die Versicherung und ein Stillhalteabkommen vereinbart.
Der Senat lehnte in der Sache im Ergebnis einen Anspruch der Gesellschaft ab, da der Geschäftsführer nicht pflichtwidrig gehandelt hatte. Grundsätzlich hat der Anspruchsteller die anspruchsbegründenden Umstände zu beweisen. Bei der Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG gelte jedoch nach ständiger Rechtsprechung die Beweislastumkehr im Aktienrecht nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog. Der Geschäftsführer müsse daher beweisen, dass er sorgfaltsgemäß gehandelt habe und ihn kein Verschulden treffe. Ob diese Beweislastumkehr auch im Direktprozess einer Gesellschaft gegen den D&O-Versicherer gilt, war bislang umstritten. Der Senat entschied sich hier für die analoge Anwendung. Zur Begründung führt er aus, dass die Abtretung des Freistellungsanspruches nur einen Gläubigerwechsel bewirke, aber keine Änderung der Voraussetzungen des im Deckungsprozess inzident zu prüfenden Organhaftungsanspruchs begründet. Für den Versicherer sei dies im Vergleich zu getrennten Prozessen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer und anschließend des Geschäftsführers gegen den Versicherer nicht nachteilig. Denn anders als bei getrennter Prozessführung könne er im Direktprozess schon auf die Organhaftungsfrage Einfluss nehmen und den Geschäftsführer als Zeugen benennen. In dem vom Senat zu entscheidenden Fall konnte der Versicherer beweisen, dass der Geschäftsführer sorgfaltsgemäß gehandelt hatte. Ein Anspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer und damit auch ein Freistellungsanspruch gegen den Versicherer schied somit aus.
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Christina Elpers
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht