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23.04.2023 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
BGH: Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei negativem Zinsumfeld
(Urteil vom 12.03.2024 – XI ZR 159/23)
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.03.2024, Aktenzeichen: XI ZR 159/23, zugunsten unserer Mandantschaft entschieden, dass im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach der Aktiv- / Passivmethode auch ein negativer Wiederanlagezins der Hypothekenpfandbriefrenditen einbezogen werden kann. Es sei unbedenklich, wenn hierdurch im Ergebnis durch das Kreditinstitut im Rahmen der Vorfälligkeitsentschädigungsberechnung ein höherer Betrag als Schaden vereinnahmt wird als die noch zu erzielenden Zinseinnahmen bei hypothetischer Fortführung des Darlehens.
Hintergrund:
Im Rahmen eines Prozesses zur Rückforderung einer Vorfälligkeitsentschädigung wurde seitens des Darlehensnehmers geltend gemacht, dass die Wiederanlagerenditen negativ seien und daher das Kreditinstitut einen Schaden behauptet, der höher ist als die bis zum Zinsbindungsende noch zu generierenden Zinseinnahmen.
Es wurde daher dargelegt, dass negative Wiederanlagerenditen nicht in die Schadensberechnung einbezogen werden dürfen und der Schaden jedenfalls auf die künftigen Zinseinnahmen beschränkt sei.
Nachdem das Oberlandesgericht Nürnberg im Rahmen seiner Entscheidung vom 25.07.2023, Aktenzeichen: 14 U 2764/22, dem noch beipflichtete, hob der Bundesgerichtshof diese Entscheidung auf und wies die Klage vollumfänglich ab.
Gerade im Zuge des negativen Zinsumfelds stellte sich die Frage, ob im Rahmen der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach der Aktiv- / Passivmethode der Schaden, der dem Kreditinstitut durch die vorzeitige Rückführung des Darlehens entsteht, tatsächlich auf die bis zum Zinsbindungsende vereinbarten Zinsen begrenzt ist oder aber, aufgrund der eben negativen Wiederanlagerenditen, dieser Schadenersatzanspruch auch höher sein kann. Nachdem dies in der obergerichtlichen Rechtsprechung kontrovers diskutiert wurde, hat der Bundesgerichtshof nunmehr zugunsten unserer Mandantschaft entschieden und kam zu dem Ergebnis, dass negative Wiederanlagerenditen zu berücksichtigen sind.
Entscheidung:
Vom OLG Nürnberg und der Klagepartei sei im Ergebnis unberücksichtigt geblieben, dass dem Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Rückführung bei negativem Zinsumfeld ein höherer Schaden entsteht, als Zinseinnehmen im Falle der vertraglichen Erfüllung generiert werden können. Auch, dass es sich hierbei um eine fiktive Berechnung handelt und hierbei eben gerade gemäß ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die konkreten Wiederanlagerenditen in Hypothekenpfandbriefen abzustellen ist. So seien diese eben auch negativ.
Der Bundesgerichtshof führt aus, dass, wenn der Markt hierbei mit einem negativen Wiederanlagezins abgebildet wird, dies dann aber auch bedeutet, dass die Bank mit dem vorzeitig zurückgeführten Darlehensbetrag bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen nicht nur keine Vorteile erwirtschaften kann, sondern gerade einen Schaden erleidet. Dieser Schaden, der sich durch ein negatives Zinsumfeld entsprechend vertiefen kann, ist von der vom Bundesgerichtshof entwickelten Aktiv- / Passivmethode gedeckt, so dass auch negative Renditen einbezogen werden können.
Fazit:
Der Bundesgerichtshof hat sich hier klar positioniert und insoweit ohne Umschweife und stringent an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Aktiv- / Passivmethode bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung orientiert, den Schadensbegriff beibehalten und damit zutreffend entschieden, dass dieser Schaden durch ein negatives Zinsumfeld auch höher als die künftige Zinserwartung des Kreditinstituts sein kann. Dies hat, sollte sich das Zinsumfeld abermals ändern, erhebliche praktische Bedeutung für das Kreditwesen.
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Alexander Göhrmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht