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18.03.2019 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
NUNMEHR AUCH VOM BGH BESTÄTIGT: AUCH NACH WIRKSAMEN WIDERRUF SIND VOM WIDERRUFENDEN DARLEHENSNEHMER DIE VERTRAGLICH VEREINBARTEN ZINSEN GESCHULDET
Im Rahmen seines Beschlusses vom 19.02.2019, Aktenzeichen XI ZR 362/17, hat der BGH nunmehr mit klaren und prägnanten Worten endgültig geklärt, dass der widerrufende Darlehensnehmer, welcher sein Darlehen trotz des erklärten Widerrufes nicht an das Kreditinstitut zurückgezahlt hat, auch nach der Erklärung des Widerrufes weiterhin verpflichtet ist, für die noch ausstehende Darlehensvaluta den ursprünglich im Vertrag vereinbarten Zinssatz zu bezahlen.
Eine Vielzahl von sogenannten Verbraucheranwälten hatten im Rahmen diverser Widerrufsverfahren argumentiert, dass dem Darlehensnehmer neben angeblich von dem Kreditinstitut gezogenen Nutzungen ein zusätzlicher Vorteil dahingehend zugutekommen würde, dass er nach dem erklärten Widerruf entweder das Darlehen kostenlos weiter nutzen können solle respektive er hierfür lediglich Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, hilfsweise nur den gleitenden Durchschnittszinssatz für vergleichbare Darlehen hierfür zu entrichten habe.
Die Dreistigkeit an dieser Forderung besteht hierbei darin, dass der widerrufende Darlehensnehmer verkennt, dass sein (angeblich wirksamer) Widerruf ja zur Folge hätte, dass er verpflichtet wäre, die Darlehensvaluta an das Kreditinstitut unmittelbar zurückzubezahlen. Dies hat er jedoch in nahezu 100 % der Fälle schlichtweg nicht getan. Als Begründung hierfür wird verbraucherseits lediglich damit argumentiert, dass ihm eine solche Rückzahlung ohne Freigabe der als Sicherheit gewährten Grundschulden ja nicht möglich sei. Der Darlehensnehmer verkennt hierbei indes, dass es keine Verpflichtung des Kreditinstitutes gibt, zum einen den Widerruf anzuerkennen und zum anderen die gestellten Sicherheiten freizugeben. Die gestellten Sicherheiten dienen nämlich auch der Absicherung eines etwaigen Rückgewährsaldos der Bank.
Hierbei wird verbraucherseits schlichtweg außer Acht gelassen, dass, sollte ein Widerrufs- respektive ein Rückgaberecht wahrgenommen werden, der Verbraucher natürlich grundsätzlich verpflichtet ist, auch die empfangene Ware respektive eben die Darlehensvaluta zurückzubezahlen bzw. an den Unternehmer zurückzusenden, bevor er in den Genuss kommt, die von ihm erbrachten Zahlungen zurückzuerhalten. Diese zwingende Rechtsfolge, welche jedem Verbraucher, wenn er einen Internetkauf tätigt und die Ware zurücksendet, einleuchten dürfte wird bei Darlehensverträgen gerne übergangen, dies indes einzig aufgrund der wirtschaftlichen Dimension des Vertrages. Rein rechtlich bestehen jedoch keinerlei Unterschiede.
Aufgrund der geschilderten Umstände stellen sich daher viele Verbraucher auf den Standpunkt, dass sie nach der Erklärung des Widerrufes keine Zinsen oder zumindest nur noch einen deutlich niedrigeren als den ursprünglich vertraglich vereinbarten Zinssatz zu bezahlen hätten. Nahezu die gesamte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung hat dieses Problem zutreffend erkannt und dargelegt, dass der Kreditnehmer auch nach dem Widerruf den entsprechenden ursprünglich vertraglich vereinbarten Zinssatz zu zahlen hat. Allerdings gab es auch abweichende Stimmen, so insbesondere des Oberlandesgerichts Düsseldorf, welches angenommen hatte, dass der Verbraucher nur den für grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen üblichen Verzugszinssatz zu zahlen habe. Andere Stimmen meinten, dass der Darlehensnehmer überhaupt keine Zinsen respektive Wertersatz zu zahlen habe, wiederum andere meinten, dass die Verzinsung nach dem gleitenden Durchschnitt gemäß der MFI Zinsstatistik für vergleichbare Darlehen erfolgen müsse. Letzteres hatte der BGH bereits im Jahr 2016 für die Zeit bis zur Erklärung des Widerrufes für rechtlich unzutreffend befunden. Warum für die Zeit nach dem Widerruf anderes gelten sollte, konnte verbraucherseits nicht stichhaltig, sondern nur rein emotional begründet werden.
Der BGH hat sich nunmehr deutlich positioniert und hierbei im oben zitierten Beschluss dargelegt:
„Für die Gebrauchsvorteile, die der Darlehensgeber für den jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der vor dem Wirksamwerden des Widerrufs gewährten Darlehensvaluta beanspruchen kann, folgt der Anspruch auch für den Zeitraum nach dem Wirksamwerden des Widerrufs aus § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB und nicht aus Bereicherungsrecht (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 1. Juni 2016 – 4 U 125/15, juris Rn. 131; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. April 2016 4 5 6 – 5 – – 23 U 50/15, juris Rn. 75; KG, BKR 2018, 33 Rn. 92 und Urteil vom 6. Oktober 2016 – 8 U 228/15, juris Rn. 104; OLG Karlsruhe, ZIP 2016, 663, 665; OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2018 – 24 U 147/17, juris Rn. 28; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. April 2017 – 6 U 36/16, juris Rn. 121; vgl. auch Lühmann/Latta, NJW 2017, 2071, 2074; Lühmann, BKR 2019, 42, 43; a.A. OLG Düsseldorf, BKR 2019, 35 Rn. 34 ff., 37). Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes, als § 357a Abs. 3 BGB im Falle des Widerrufs von Verbraucherdarlehensverträgen für das geltende Recht bestimmt.“
Der BGH hat nunmehr hinsichtlich dieser streitigen Thematik endlich Klarheit geschaffen und in überzeugender Manier dargelegt, dass die Wertung des Gesetzgebers, welche nunmehr in § 357a Abs. 3 BGB auch kodifiziert ist, auch für sogenannte Altverträge gelten muss. Die Entscheidung ist ausdrücklich zu begrüßen, da es anderenfalls zur Folge gehabt hätte, dass der widerrufende Darlehensnehmer Prozesse gegen seine Bank führt und für die gesamte Dauer des Prozesses keinerlei Zinsen respektive Wertersatz zu entrichten hätte und dies der Wertung des Gesetzgebers diametral entgegengestanden hätte.
Ein weiteres Puzzleteil in der ausufernden Rechtsprechung zur Frage der Ordnungsgemäßheit der Widerrufbelehrung sowie der Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufes ist daher (zutreffend) gelöst worden.
Alexander Göhrmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht