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1. August 2024
10.07.2024 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
BGH bestimmt möglichen Referenzzins für Prämiensparverträge der Sparkassen
Der BGH hat in zwei Entscheidungen am 09.07.2024 erneut über Prämiensparverträge entschieden, die bundesweit auf einheitlichen Formularen von allen deutschen Sparkassen bis in die Jahre 2006 / 2007 in vergleichbarer Weise angeboten worden waren.
Das OLG Bamberg hatte bereits in einer von uns erstrittenen Entscheidung vom 21.06.2024 zugunsten unserer Mandantin vergleichbar den jetzigen Entscheidungen des BGH argumentiert und entschieden.
Das Wesentliche in Kürze:
- Wen und was betreffen die Entscheidungen?
Gegenstand der Entscheidungen sind die Prämiensparverträge, die von allen Sparkassen bundesweit vor 2008 auf einheitlichen Formularen angeboten und vereinbart wurden. Diese sahen eine offene Zinsanpassungsmöglichkeit für die Sparkassen vor, die zwischenzeitlich vom Bundesgerichtshof als in rechtlicher Hinsicht unwirksam eingestuft wurde. Die hierdurch aufklaffende Regelungslücke ist – so die juristische Diktion – durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
Die Ausführungen des BGH beziehen sich nicht, zumindest nicht direkt auf Prämiensparvertragsformulare, die von den Sparkassen ab 2006, spätestens 2008 verwendet wurden und in denen konkrete Zinsanpassungsparameter genannt und vereinbart sind.
Die Ausführungen des BGH beziehen sich auch nicht, zumindest nicht direkt auf Bonussparverträge anderer Banken und Bankengruppen, sofern und soweit in diesen Formularen konkrete Zinsanpassungsparameter (Referenzzins, Zinsabstand, Überprüfungsmodalitäten) konkret und transparent genannt und vereinbart sind.
Die Entscheidung bezieht sich ausschließlich auf den „richtigen“ Referenzzins. Die Rechtsfragen des Kündigungsrechtes der Prämiensparverträge hat der Bundesgerichtshof bereits im 4. Quartal 2023 weitgehend geklärt. Hier sind eigentlich keine Rechtsfragen für Prämiensparverträge der Sparkassen mehr offen.
- BGH verwirft die Referenzzinssätzvorschläge der Verbraucherverbände endgültig
Der Bundesgerichtshof hat erneut entschieden, dass für Prämiensparverträge, die von den Sparkassen vor dem Jahr 2008 angeboten worden sind, Referenzzinssätze, die nach der „Methode gleitender Durchschnitte“ ermittelt wurden, nicht in Betracht kommen. Diese wurden in den vergangenen Jahren von den Verbraucherzentralen empfohlen, da diese rückblickend aus heutiger Sicht in der Niedrigzinsphase die Sparer übervorteilt hätten.
Der BGH hat darauf hingewiesen, dass maßgeblich die Sichtweise zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist. Sparer vergleichen im Rahmen ihrer Anlageentscheidung bei der maßgebenden objektiv-generalisierenden Sicht den ihnen angebotenen variablen Zins mit dem gegenwärtigen durchschnittlichen Marktzins und nicht mit einem Zins, der auf überwiegend in der Vergangenheit liegenden Zinsen berechnet wird.
Abgelehnt hat der BGH auch die von den Verbraucherverbänden vorgeschlagene Zinszeitreihe der Umlaufrenditen von Hypothekenpfandbriefen, abgekürzt: BBK.WX4260. Diese Zeitreihe ist für die variable Verzinsung risikoloser Spareinlagen nicht geeignet. Pfandbriefe spiegeln nicht einen „risikolosen“ Marktzins wider, sondern enthalten einen Risikoaufschlag, der im Vergleich zu den Umlaufrenditen von risikolosen Bundesanleihen zu einer vergleichsweisen höheren Verzinsung führt.
- Möglicher Referenzzins: WU9554
Positiv bestätigt hat der BGH als möglichen Referenzzins den vom OLG Dresden und OLG Naumburg in ihren Entscheidungen favorisieren Referenzzins Umlaufrendite inländischer Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von über 8 bis 15 Jahren (Bundesbankzeitreihe: WU9554).
Diese Referenzzinszeitreihe genügt den Anforderungen, die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind. Sie werden von der Deutschen Bundesbank als unabhängiger Stelle nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt und in den Monatsberichten regelmäßig veröffentlicht. Diese Referenzzinszeitreihe begünstigt weder einseitig die Sparer, noch die Sparkassen. Die Umlaufrenditen der Bundesanleihen spiegeln zu dem die jeweils aktuellen risikolosen Zinsen am Kapitalmarkt wider und enthalten in Ermangelung eines Ausfallrisikos keinen Risikoaufschlag. Zudem komme – so die Ausführungen des BGH – die Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren der herangezogenen Umlaufrendite der typisierten Spardauer bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren hinreichend nahe.
- Ist dies der einzige „richtige“ Referenzzins?
Die Frage nach dem richtigen Referenzzins ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage. Dies hat der BGH am 09.07.2024 bestätigt. Dies hatte auch bereits das OLG Bamberg seiner Entscheidung vom 21.06.2024, Az.: 8 U 21/24 zugrunde gelegt.
Dies bedeutet, dass eine in der I. Instanz vom Gericht getroffene Wahl des Referenzzinssatzes (meist infolge eines Sachverständigengutachtens) vom Berufungsgericht (OLG Bamberg) oder Revisionsgericht (BGH) nur eingeschränkt überprüfbar ist.
Angriffe gegen diese Feststellung eines Referenzzinssatzes sind nur dann geeignet, wenn dem Instanzgericht bei der Festlegung des richtigen Referenzzinssatzes Verfahrensfehler unterlaufen sind oder eine Korrektur der Tatsachengrundlagen wegen rechtsfehlerhafter Erfassung geboten ist. Solange nicht konkrete Anhaltspunkte und Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts sich aufdrängen, ist die Entscheidung des Gerichts bindend.
So ist es durchaus möglich, dass ein Berufungsgericht für vergleichbare Prämiensparverträge, die in vergleichbaren Zeiträumen abgeschlossen sind, unterschiedliche Referenzzinssätze als angemessen und richtig bejaht, sofern das jeweilige Landgericht seine Entscheidung gut begründet hat.
So hat das OLG Bamberg zugunsten unserer Mandantin in seiner Entscheidung vom 21.06.2024 den von Prof. Kaserer regelmäßig präferierten Referenzzins der Umlaufrendite für 7-jährige endfällige Bundeswertpapiere, ermittelt nach der Svensson-Methode, für richtig erachtet und bestätigt, wenngleich derselbe Senat beim OLG Bamberg in seinen Entscheidungen im Februar 2022 auf Grundlage eines selbst eingeholten Sachverständigengutachtens einen anderen Referenzzins angewandt hatte.
Die Wahl des Referenzzinssatzes ist eben eine Tatsachenfrage und keine Rechtsfrage.
- Welche Referenzzinssätze der Deutschen Bundesbank sind denkbar?
Nach den erneuten Ausführungen des BGH reduziert sich die Auswahl aus möglichen Referenzzinssätzen erheblich.
Neben den vom BGH heute sowie dem BayObLG, dem OLG Dresden und dem OLG Naumburg favorisierten Referenzzinssatz BBK.WU9554 (Umlaufrendite risikoloser Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von über 8 bis 15 Jahren) dürfte wohl nur noch der vom OLG Bamberg bestätigte und vom LG Nürnberg-Fürth favorisierte Referenzzins risikoloser Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 7 Jahren, ermittelt nach der Svensson-Methode, von Relevanz werden.
Die finanziellen Unterschiede der Nachberechnungen nach diesen beiden Referenzzinssätzen sind in der Praxis minimal.
- Welcher Zinsabstand ist maßgeblich: relativ oder absolut?
Stärkere Differenzen ergeben sich vielmehr in Abhängigkeit von der Wahl des Zinsabstandes. Während der BGH in den vergangenen Entscheidungen stets den relativen Zinsabstand verlangt hat, hat das BayObLG den von den Sparkassen angewandten und ab 2008 ausdrücklich vereinbarten absoluten Abstand bestätigt.
Die Entscheidung des BayObLG ist nicht rechtskräftig. Ob der BGH sich im Revisionsverfahren von der Rechtsansicht und den Argumenten des BayObLG überzeugen lässt oder bei seiner bisherigen Linie der Angemessenheit des relativen Abstandes bleibt, bleibt abzuwarten. Immerhin hat der BGH bereits zugestanden, dass seine ursprüngliche Begründung für die Maßgeblichkeit des relativen Abstandes nicht richtig ist.
Bestätigt hat der BGH auch bereits, dass der absolute Abstand wirksam vereinbart werden kann. Eine solche „Vereinbarung“ ist in den Prämiensparvertragsformularen der Sparkassen ab 2006 bzw. 2008 regelmäßig enthalten.
- Was hat der BGH sonst noch entschieden?
Der BGH hat bestätigt, dass für den Beginn der 3-jährigen Regelverjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausschließlich Kenntnis (oder grob fahrlässige Unkenntnis) der Tatsachen erforderlich ist. Die Rechtskenntnis der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel oder gar die Kenntnis des richtigen Referenzzinssatzes sei nicht erforderlich. Anlass hierfür ist, dass seit mehreren Jahren Verbraucherschutzverbände argumentieren, dass das deutsche Verjährungsrecht, das für den Fristbeginn ausschließlich auf Tatsachenkenntnis abstellt, richtlinienkonform nach europäischem Recht auszulegen wäre und auf Rechtskenntnis abzustellen sei.
Dem hat der BGH eine deutliche Absage erteilt. Das deutsche Verjährungsrecht ist eindeutig. Eindeutiges Recht kann nicht richtlinienkonform ausgelegt werden, denn Ausgangspunkt ist stets der Gesetzeswortlaut, nicht der Wille der Verbraucherverbände.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht