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15.08.2023 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
BGH entscheidet erneut über Kündigungsrecht bei Prämiensparverträgen
Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Grundsatzentscheidung vom 14.05.2018 entschieden, dass die Sparkassen ihre in den 1990-Jahren vertriebenen langfristigen Prämiensparverträge „S-Prämiensparen flexibel“ einseitig kündigen dürfen, sobald die höchste zugesagte Prämie erreicht und an den Sparer (zumindest) einmal ausbezahlt wurde. Die Sparkassen nutzten in den Folgejahren das ihnen zugesprochene Kündigungsrecht umfangreich.
Gestritten wird beim Bundesgerichtshof seit dieser Kündigungswelle insbesondere über die Zinsanpassungsklauseln, Referenzzinssätze, Zinsabstände und Verjährungsfragen im Hinblick auf Zinsnachzahlungsansprüche. Vereinzelt ergingen auch weitere Entscheidungen zu der grundsätzlichen Frage des Kündigungsrechtes. So steht eine (ausdrückliche) Bestätigung des Bundesgerichtshofs noch aus, dass das erstmalige Erreichen der höchsten Prämienstufe auch dann die entscheidende Zäsur im Prämiensparvertrag ist, ab der die Sparkasse zur Kündigung berechtigt ist, wenn weitere Sparjahre im Sparvertragsformular enumerativ abgedruckt sind.
Dem BGH liegt nunmehr eine weitere Rechtsfrage in diesem Zusammenhang zur Entscheidung vor: Aufgrund einer bundesweiten Umstellung der IT-Systeme verschiedener Sparkasse kam es dazu, dass bei Vertragsumschreibungen (nach dem Tod des früheren Vertragsinhabers oder bei Abtretungen) dem neuen Vertragsinhaber irrtümlich ein Vertragsformular ausgehändigt wurde, in dem eine Laufzeit von 1188 Monaten = 99 Jahre, beginnend mit dem Datum des ursprünglichen Vertragsbeginns, vermerkt ist. Ob dies im jeweiligen Einzelfall tatsächlich als Vereinbarung einer Laufzeit von 99 Jahren zu werten ist, wird von verschiedenen Gerichten unterschiedlich gesehen. Sofern ein Gericht die Vereinbarung einer Laufzeit von 99 Jahren bejaht, bedeutet dies, dass der Prämiensparvertrag nicht mit dem erstmaligen Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren von der Sparkasse gekündigt werden kann, sondern das Kündigungsrecht der jeweiligen Sparkasse über Generationen hinweg ausgeschlossen ist und der insbesondere in der Niedrigzinsphase attraktive Prämiensparvertrag bis zu einer Höchstdauer von 99 Jahren fortgeführt werden kann.
Das Oberlandesgericht Bamberg hat mit Urteil vom 15.02.2023, Az.: 8 U 29/21 bei einem solchen Sachverhalt der Sparkasse Recht gegeben, dass auch Verträge, in denen eine Laufzeit von 1188 Monaten vermerkt ist, bereits nach Ablauf von 15 Sparjahren gekündigt werden können. Auch wenn in Folgeverträgen nach Umschreibung oder Erbfall eine Laufzeit von 1188 Monaten ( = 99 Jahren) angegeben wird, kann dies bei einer Weiterführung eines alten Vertrages nicht so verstanden werden, als verzichte die Sparkasse nunmehr auf ihr Kündigungsrecht bis zum 99. Jahr.
Anders sehen dies die beiden Bankenkammern beim Landgericht Nürnberg-Fürth, die regelmäßig das Kündigungsrecht der Sparkasse verneinen. Wenn eine Sparkasse ein Formular in Umlauf bringe, in dem eine Laufzeit von 99 Jahren vermerkt sei, müsse sich die Sparkasse hieran halten, gleichgültig ob tatsächlich eine Vereinbarung getroffen wurde und unabhängig davon, ob das Formular mit Rechtsbindungswillen ausgehändigt wurde oder lediglich zur Kontrolle der Personendaten.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in seiner Entscheidung vom 14.05.2018 ausgeführt, dass ein durchschnittlicher Verbraucher nicht erwarte und nicht erwarten könne, dass ihm mit dem Abschluss eines Sparvertrages eine zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit eröffnet werden solle.
Eine Entscheidung des BGH zu den 1188-er Verträgen steht nun an. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen XI ZR 88/23 anhängig. Mit der Entscheidung ist jedoch nicht vor 2024 zu rechnen.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht