27.04.2021 | Bankrecht:
In einem am 27.04.2021 verkündeten Urteil entschied der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat, dass die Regelungen in Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken (Nr. 2 Abs. 1 bis 3 AGB-Sparkassen) und den Nr. 12 Abs. 5 AGB-Banken (Nr. 17 Abs. 6 AGB-Sparkassen) der AGB-Kontrolle unterliegen und unwirksam sind.
Kernstück dieser Regelungen ist die sogenannte Zustimmungsfiktion. Damit vereinbaren Bank und Kunde durch Zustimmung zu den AGB, dass das Schweigen des Kunden – ausnahmsweise – als Zustimmung zu werten ist, wenn der Kunde auf eine von der Bank mitgeteilte Vertragsänderung mit Schweigen reagiert anstatt binnen Frist zu widersprechen. Damit werden AGB künftig nicht mehr durch einseitige Mitteilung der Bank und Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit geändert werden können. Außerdem können Entgelte und (konstante) Zinssätze nicht mehr bankseitig angepasst und vom Kunden durch Schweigen akzeptiert werden.
Für die Bankpraxis hat dies denkbar weitreichende Folgen: Jede Änderung der AGB und jede Anpassung von Entgelten und (linear vereinbarten) Zinssätzen werden künftig eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden erfordern oder ins Leere gehen. Angesichts der häufigen Passivität von Kunden werden Änderungskündigungen wohl künftig der einzige Weg zur Konditionenanpassung im Massengeschäft sein.
Davon abgesehen fehlt derart angepassten Entgelten nun rückwirkend die vertragliche Grundlage, da sie nicht auf einem wirksamen Vertrag beruhen.
Diese Entscheidung dürfte die weitreichendste im Bankrecht seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten sein und zeigt, dass praktische Bedürfnisse der Banken und der Verbraucher keine Rolle bei der Rechtsfindung spielen.
Wenn nicht der Gesetzgeber die Zustimmungsfiktion gesetzlich verankert, wird die Kreditwirtschaft ihre Entgelt- und Vertragspolitik ganz grundsätzlich überdenken müssen.
Die Entscheidung trägt das Aktenzeichen XI ZR 26/20 und ist noch nicht veröffentlicht.
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Dr. Cornelius Held
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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