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06.11.2019 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
BGH ÜBER DEN WIDERRUF VON KFZ-KREDITVERTRÄGEN
Der für das Darlehensrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 05.11.2019 in zwei Verfahren (Aktenzeichen: XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19) entschieden, dass der Widerruf eines mit einem Kaufvertrag über ein Kfz verbundener Darlehensvertrags nicht mehr wirksam erklärt werden konnte, da sämtliche erforderlichen Pflichtangaben enthalten und – sofern sie angegeben waren – auch in zutreffender und nicht zu beanstandender Art und Weise angegeben worden sind.
Nachdem die deutsche Zivilgerichtsbarkeit in den letzten Jahren bereits mit unzähligen Widerrufsverfahren im Hinblick auf Immobiliar- als auch Konsumentenkreditverträgen beschäftigt war, wurde – nachdem die Diesel-Abgas-Affäre offenkundig geworden ist, seitens sogenannter Verbraucherschützer nunmehr verstärkt dazu geraten, auch die Darlehensverträge zu widerrufen, welche der Finanzierung von Kfz – Kaufverträgen dienten.
Auch hier wurden dem Verbraucher erneut teilweise unrealistische Ergebnisse versprochen, so zum Beispiel, dass das Auto behalten werden kann und die hierfür aufgenommene Darlehensvaluta nicht zurückgezahlt werden muss.
Der Bundesgerichtshof hat in den zwei oben angesprochenen Urteilen nunmehr klargestellt, dass ein solcher Widerruf nicht mehr wirksam erklärt werden konnte. Die in den verfahren behandelten Einzelfragen haben enorme Bedeutung und wurden bereits seit Jahren einer Vielzahl von Gerichtsverfahren kontrovers diskutiert.
Die nunmehrigen Ausführungen des Bundesgerichtshofs haben hierbei aber nicht nur für die sogenannten Kfz-Kreditverträge, sondern auch für Allgemeindarlehensverträge in Form Konsumentenkreditverträgen als auch teilweise für Immobilienverträge erhebliche Bedeutung. Hintergrund ist schlichtweg der Umstand, dass der Bundesgerichtshof über Einzelthemen zu entscheiden hatte, die sich eben genauso bei den anderen angesprochenen Kreditarten stellen.
Besonders diskutiert wurde hierbei die in der Widerrufsinformation von einigen Banken erfolgte Angabe, wonach der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag im Falle des Widerrufs „0,00 €“ betragen sollte. Oftmals wurde diese Angabe bankenseitig schlichtweg verwendet, um dem Darlehensnehmer zu ermöglichen, den Kreditvertrag – trotz Inanspruchnahme – innerhalb der eingeräumten Monats- oder zweiwöchigen Frist kostenlos wieder zurückgeben zu können, so dass dieser für die Zeit der Inanspruchnahme des Kredites innerhalb der Widerrufsfrist keine Zinsen zu zahlen hatte. Hier wurde verbraucherseits argumentiert, dass dies intransparent sei, da nach den Vorschriften im EGBGB der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag anzugeben sei und im Übrigen im Kreditvertrag natürlich auch der tatsächlich zu zahlenden Zinsbetrag pro Tag angegeben war. Da diese Angaben divergierten hätte dies den Verbraucher vom Widerruf abhalten können.
Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs aus der Pressemitteilung ist indes zu entnehmen, dass – wie dies auch bereits sowohl der Gesetzgeber als auch die Rechtsprechung vorgesehen haben – im Rahmen der Widerrufsfolgen selbstverständlich zugunsten des Verbrauchers vom gesetzlichen Leitbild abgewichen werden darf und dieser mithin besser gestellt werden kann, als er bei reiner Wiedergabe der gesetzlichen Widerrufsfolgen stünde. Hieraus ergeben sich in der Folge ja schlichtweg nur positive Effekte für den Verbraucher
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist daher folgerichtig und reiht sich in eine Vielzahl von obergerichtlichen Entscheidungen ein.
Ebenfalls heftig umstritten war die Frage, inwieweit der Verbraucher im Rahmen der Angaben über das Verfahren bei Kündigung über die einzelnen Kündigungsgründe informiert werden muss. Hier war in den Kreditverträgen respektive auch in den Allgemeinen Darlehensbedingungen seitens der Kreditinstitute jeweils nicht vorgesehen, dass gemäß § 314 BGB ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bestehen kann. Verbraucherschützer forderten, dass hierüber zu informieren sei und eine Nichtangabe die Widerrufsfrist nicht hätte anlaufen lassen. Nach zutreffender Auffassung indes muss über ein (allgemeines) Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nicht informiert werden, da es sich eben nicht um ein spezifisches Kündigungsrecht aufgrund Darlehensrechts handelt, sondern eben um ein allgemeines Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen.
Folgerichtig hat der Bundesgerichtshof daher auch dargetan, dass über das Kündigungsrecht gemäß § 314 BGB nicht informiert werden muss. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass sich diese Vorschrift nur auf darlehensrechtliche Kündigungsgründe bezieht, dies zumindest im Hinblick auf die Kfz-Finanzierung. Hier dürfte sich allerdings bei anderen Finanzierungen keine abweichende Beurteilung ergeben. Näheres bleibt den Urteilsgründen vorbehalten.
Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof auch konkretisiert, wie die Angabe zu den Voraussetzungen der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung erteilt werden muss, und hierbei letztlich dargelegt, dass auch diese Informationen von den beklagten Banken zutreffend erteilt worden sind.
Der Pressemitteilung nicht zu entnehmen sind Ausführungen zu den verbraucherseits getroffenen Ausführungen zur Unionsrechtswidrigkeit des sogenannten Kaskadenverweises. Dies lässt darauf schließen, dass der XI. Zivilsenat bei seiner bisherigen Rechtsprechung bleibt und er sich daher nicht veranlasst sah hierzu weitere Feststellungen zu treffen. Auch hier bleibt abzuwarten wie konkret sich der BGH in den Urteilsgründen äußert.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist insgesamt vollumfänglich zu begrüßen. Sie reiht sich in eine Vielzahl von folgerichtigen Entscheidungen des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in letzter Zeit ein. Die Fragestellungen zum Widerruf von Darlehensverträgen, insbesondere zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung samt Pflichtangaben und den hier erforderlichen Voraussetzungen, sind daher wiederum ein Stück weiter im Sinne des Gesetzgebers geklärt und nicht im Sinne eines überbordenden und durch nichts zu rechtfertigenden Verbraucherschutzes.
Alexander Göhrmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht