30.06.2020 | Bankrecht:
Der Bundesgerichtshof schreibt seine Rechtsprechung zu Bankentgelten fort und beurteilt eine Klausel zu dem Basiskonto nach dem Zahlungskontengesetz (ZKG).
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen nahm eine Bank auf Unterlassung in Anspruch, weil die Bepreisung des Basiskontos und eines Dienstleistungspakets mit 8,99 € unwirksam sei. Nach den Vorinstanzen gab auch der XI. Zivilsenat des BGH dem Bundesverband Recht. Entscheidende Gesichtspunkte sind die soziale und gesellschaftliche Intention, die der im ZKG verankerte Vertragszwang verfolgt. Auch einkommensschwache Menschen sollen auf ein Girokonto zurückgreifen können. Diese „Zielgruppe“ des Basiskontos soll auch nicht durch hohe Gebühren abgeschreckt werden. Im Rechtsstreit hatte die beklagte Bank eine Kostenkalkulation vorgelegt, die zeigte, dass der mit den Basiskonten verbundene Aufwand auch (nur) auf diese Kunden umgelegt worden war, was zu der relativ hohen Gebühr führte. Dieser kostendeckende Ansatz ist dem BGH zufolge verfehlt: Die Kosten der Basiskonten müssen von den Banken durch die im freien Wettbewerb erzielbaren Leistungspreise erwirtschaftet werden.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass der Bundesgerichtshof § 41 Abs. 2 ZKG derart auslegt, dass die Banken die Entgelte für Basiskonten durch eine „Quersubventionierung“ so (oder ähnlich?) niedrig halten müssen wie die Kontoführungsgebühr für „normale“ Konten. Ob/wieviel Spielraum verbleibt, dürfte damit noch nicht abschließend geklärt sein.
Diese Entscheidung mag nach Sinn und Zweck des ZKG nachvollziehbar sein. Das Gesetz soll verhindern, dass jemand im Wirtschaftsleben benachteiligt wird, weil keine Bank ihm ein Girokonto eröffnet. Ein hohes Entgelt für die Kontoführung konterkariert dieses Ziel.
Dennoch verdient das Urteil (vom 30. Juni 2020 – XI ZR 119/19) keine Zustimmung, weil es sich nach hier vertretener Auffassung auf ein verfassungswidriges Gesetz stützt. Der Autor hat bereits 2016 herausgearbeitet, dass der Zwang zum Angebot eines Basiskontos mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist (BKR 2016, 533 ff.). Das Ziel mag ehrenwert sein. In Deutschland war es aber bereits flächendeckend erreicht, weil die grundrechtsgebundenen Sparkassen diese Funktion bereits erfüllten. Diese Möglichkeit sah die EU-Richtlinie, auf die das Basiskonto zurückgeht, sogar ausdrücklich vor. Folglich war und ist der Kontrahierungszwang für alle Banken nicht erforderlich, damit unverhältnismäßig und schließlich eine nicht gerechtfertigte Verletzung der grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit privater Banken.
Dr. Cornelius Held
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Übersicht Aktuelles