Divergierende BGH-Ansichten zum Verjährungsbeginn
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8. August 2019
29.07.2019 | Versicherungsrecht:
DIE KFZ-BETRIEBSGEFAHR UND IHRE ZEITLICHE REICHWEIT
Am 26.03.2019 hatte der 6. Senat des Bundesgerichtshofes über die Frage zu entscheiden, ob eine Haftung aus der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges auch noch eineinhalb Tage fortbesteht, nachdem das Fahrzeug abgestellt wurde (Az.: VI ZR 236/18).
Im zu behandelnden Fall hatte der Kläger, ein Wohngebäude- und Hausratversicherer, die Kfz-Haftpflichtversicherer zweier am Unfall beteiligter Kraftfahrzeuge in Anspruch genommen, nachdem eines der am Unfall beteiligten Kraftfahrzeuge eineinhalb Tage nach dem Unfallereignis, abgestellt in einer Werkstatt, in Brand geraten war und das Feuer Werkstatt und Wohnhaus in erheblichem Umfang beschädigt hatte. Der Werkstattbesitzer hatte es unterlassen, die Batterie des beschädigten Fahrzeugs abzuklemmen.
Das Landgericht hat unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 40 % der Klägerin dieser im Wesentlichen aber Recht gegeben, nur den Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg und die Klage wurde insgesamt abgewiesen.
Die Revision der Klägerin wurde zugelassen und hatte Erfolg.
Der BGH entschied, dass auch noch eineinhalb Tage nach Abstellen des Fahrzeuges die Betriebsgefahr eines durch Unfall beschädigten Fahrzeuges und der dadurch geschaffenen schadensursächlichen Gefahrenlage andauert. Vorliegend geriet das abgestellte Fahrzeug in Brand, weil der zum Kühler-Lüfter-Motor führende Leitungssatz einen Kurzschluss hatte. Letzter, so die Richter, sei „… auf das vorangegangene Unfallgeschehen … und die dabei auftretenden mechanischen Einwirkungen auf die defekten Leiter im Frontbereich des Pkw …“ zurückzuführen. Die Ursachenkette Betrieb des Kraftfahrzeuges – Unfall – Brand sei durch die zeitliche Verzögerung nicht unterbrochen worden. Es wirke „… die einmal geschaffene Gefahrenlage fort und nach…“.
Auch das sorgfaltswidrige Unterlassen des Abklemmens der Batterie durch den Werkstattmitarbeiter, den Zeugen J., führte nach Ansicht des Senats nicht zu einer Unterbrechung des haftungsrechtlichen Kausalzusammenhangs. Selbst ein grob fahrlässiger Sorgfaltspflichtverstoß eines Hinzutretenden reiche in der Regel nicht aus, der Schädiger könne sich nicht mit dem Vorbringen entlasten, ein anderer habe die von ihm geschaffene Gefahrenlage pflichtwidrig nicht beseitigt.
Der BGH sieht vielmehr eine Verwirklichung des fortwirkenden Risikos der Erstschädigung. Der Sorgfaltspflichtverstoß des Werkstattbesitzers sei erst auf der Ebene des Mitverschuldens zu berücksichtigen, die Abwägung der Verursachungsbeiträge (Unfall und Unterlassen des Batterie-Abklemmens) sei eine Tatfrage und vom Berufungsgericht zu beurteilen. Das Urteil wurde vom BGH aufgehoben und an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil ist eine weitere Entscheidung zu den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen, was unter den Betrieb eines Kraftfahrzeuges fällt und wie lange sich die durch den Betrieb geschaffene Gefahrenlage fortsetzt.
Kerstin Gieseler
Rechtsanwältin