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07.12.2020 | INSOLVENZRECHT:
D&O-Versicherer haften für Ansprüche gegen Geschäftsführer aus § 64 S. 1 GmbHG
Kurz vor Weihnachten hat der BGH sich in einer lange ersehnten Entscheidung zum Thema geäußert, ob D&O-Versicherer für Ansprüche der Gesellschaft aus § 64 S. 1 GmbHG, die gegen die versicherten Geschäftsführer geltend gemacht werden, einzutreten haben.
In seinem Urteil vom 18. November 2020 zu Az.: IV ZR 217/19 hat der 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs sich mit einer erfreulich klaren Urteilsbegründung zum Thema ‚Deckungsschutz D&O-Versicherung‘ positioniert und damit die seit dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 20. Juli 2018 (Az.: 4 U 93 / 16) bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt. So hatte das OLG Düsseldorf im Juli 2018 entschieden, dass der Anspruch aus § 64 S. 1 GmbHG keinen gesetzlichen Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne der Versicherungsbedingungen darstelle, sondern ein „Ersatzanspruch eigener Art“ sei, mit der Folge, dass die D&O-Versicherungen hierfür nicht einzustehen hätten.
Mit seiner Entscheidung vom 18. November 2020 hat der BGH sich nun über diese Rechtsprechung hinweggesetzt und klar zugunsten der versicherten Geschäftsführer entschieden. In seinen Entscheidungsgründen führt der BGH wie folgt aus:
[…] „Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem in § 64 S. 1 GmbHG geregelten Anspruch um einen gesetzlichen Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne von Z. 1.1 ULLA. Dies ergibt die Auslegung der Klausel. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrecht-liche Spezialkenntnisse und damit auf seine Interessen an. [….]
[…] Den in § 64 S. 1 GmbHG geregelten Anspruch der Gesellschaft auf Ersatz von nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit geleisteten Zahlungen wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer/Versicherte als auf bedingungsgemäßen Schadensersatz gerichtet ansehen. Der in Z. 1.1 ULLA verwendete Ausdruck“ Schadensersatz“ verweist ihn nicht auf den Bereich der Rechtssprache, weil es dort keinen in seinen Konturen eindeutig festgelegten Schadensersatzbegriff gibt.“ […]
Das Urteil des BGH dürfte bei vielen Geschäftsführern für Aufatmen sorgen, zumal die im Rahmen der Anspruchsverfolgung nach § 64 S. 1 GmbHG aufgerufenen Volumina häufig dazu geeignet sind, den in Anspruch genommenen Geschäftsführer seinerseits in die Privatinsolvenz zu zwingen. Seit dem Urteil des OLG Düsseldorf von Juli 2018 hatten sich viele Versicherungsgesellschaften zunächst geweigert, für die bei ihnen eingedeckten Geschäftsführer entsprechend einzustehen, wenn diese aus § 64 S. 1 GmbHG in Anspruch genommen wurden. Das ohnehin schneidende Schwert des § 64 S. 1 GmbHG wird durch die aktuelle Entscheidung des BGH etwas „stumpfer“, als der versicherte Geschäftsführer nun nicht mehr befürchten muss, dass die Versicherung ihm Deckungsschutz verweigert. Selbstverständlich sind im Einzelfall die Versicherungsbedingungen der jeweiligen D&O-Versicherung zu prüfen.
Christina Elpers
Rechtsanwältin