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1. Februar 2023
31.01.2023 | Erbrecht
Ein Testamentserbe trägt das Risiko, dass das Testament unwirksam ist
Auch ein guter Glaube schützt nicht.
Das Oberlandesgericht Celle hatte in einer Entscheidung vom 18.01.2023 (Az.: 6 U 2/22) folgende Konstellation zu beurteilen:
Eine alleinstehende und kinderlose Dame mit einem Vermögen von mehreren Millionen Euro hatte durch ein Testament im Jahre 2008 und durch einen Erbvertrag vor einem Notar aus dem Jahre 2014 ihren langjährigen Steuerberater als ihren alleinigen Erben eingesetzt. Sie verstarb im Jahr 2015. Die gesetzlichen Erben (entfernte Verwandte) verlangten nunmehr vom Steuerberater die Herausgabe des Nachlasses. Bereits anlässlich der Erteilung des Erbscheines hatte das Amtsgericht Hannover ein psychiatrisches Gutachten eingeholt, das zu dem Ergebnis kam, dass die Verstorbene aufgrund wahnhafter Störungen nicht in der Lage war, wirksam zu testieren. Der Sachverständige hatte zu diesem Zweck der Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen beigewohnt, unter anderem auch des Notars und von Ärzten. Dieses Gutachten hielt neben dem Amtsgericht Hannover sowohl das Landgericht Hannover als auch der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle für überzeugend. Das Landgericht hatte mit Urteil vom 27. Dezember 2021 festgestellt, dass der als Erbe eingesetzte Steuerberater nicht Erbe der Erblasserin geworden ist. Die hiergegen vom Steuerberater eingelegte Berufung nahm dieser zurück, nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung Ende November 2022 auf die fehlenden Erfolgsaussichten hingewiesen hat. Dabei hatte der Senat betont, dass es unerheblich sei, ob der Steuerberater die Testierunfähigkeit der Erblasserin kannte oder auch nur hätte erkennen können oder müssen. Es geht nicht um ein Verschulden gegenüber dem Beklagten (Steuerberater), andererseits hilft ihm auch eine mögliche Gutgläubigkeit und ein Vertrauen in die Testierfähigkeit der ihm lange bekannten Erblasserin nicht. Der Steuerberater muss nunmehr das aus der Erbschaft Erlangte an die gesetzlichen Erben herausgeben.
Die Testierfähigkeit eines Erben spielt regelmäßig in der Praxis eine erhebliche Rolle. Hierbei ist der Grundsatz zu beachten, dass derjenige, der sich auf die Testierunfähigkeit beruft, diese zu beweisen hat. Ein Erblasser ist unabhängig vom Alter und der Einrichtung einer etwaigen Betreuung bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen.
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Dr. Norbert Gieseler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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