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16.04.2025 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
Geldwäsche-Verdacht: Bank haftet regelmäßig nicht für Anwaltskosten
Nach Erstattung einer Geldwäscheverdachtsmeldung an die FIU darf eine Bank während einer gesetzlichen Wartefrist nicht transferieren – doch Fragen bleiben offen
§ 43 GwG gebietet es einer Bank, an die Financial Intelligence Unit (FIU) eine Geldwäscheverdachtsmeldung zu erstatten, sollten Tatsachen Grund zur Befürchtung geben, dass Geldbeträge im Zusammenhang mit einer Straftat stehen könnten, die eine Vortag der Geldwäsche darstellen könnte. Dies kann regelmäßig bei ungewöhnlichen, etwa besonders hohen oder auffallend tranchierten Geldeingängen der Fall sein. Wird eine Verdachtsmeldung erstattet, so darf das betroffene Geld nach § 46 I 1 GwG entweder nach Zustimmung der FIU oder der zuständigen Staatsanwaltschaft, oder aber „frühestens“ drei Werktage nach dem Meldungstag transferiert werden, sollte eine Untersagung der FIU oder Staatsanwaltschaft bis dahin nicht mitgeteilt worden sein.
Für Banken bleibt eine Geldwäscheverdachtsmeldung dennoch eine heikle Angelegenheit, denn nach einer Meldung steht sie vor dem Dilemma, dass den Kunden gegenüber der Grund der Transaktionssperre nicht offenbart werden darf (§ 47 GwG), Kunden aber insofern verständlicher Weise verständnislos darauf reagieren, dass Ihr Bankguthaben gesperrt wurde. Da Kunden die Geldeingänge oftmals zeitnah nutzen wollen, sehen sich Banken in der Folge vielfach einem einstweiligen Verfügungsverfahren auf Aufhebung der Kontosperre und Freigabe der Gelder ausgesetzt.
Das OLG Frankfurt hat sich zuletzt zu einer solchen Konstellation klar positioniert. Eine Kundin der beklagten Bank hatte auf Ihrem Konto langjährig geringe Schwankungen zu verzeichnen, ehe Sie Ende Juli 2023 Zahlungseingänge in Höhe von 320.000,- € und 680.000,- € gutgeschrieben erhielt. Die Bank veranlasste daraufhin eine Geldwäscheverdachtsmeldung. Noch am selben Tag trat bereits ein anwaltlicher Vertreter der Klägerin bei der Bank auf. Ein Schreiben des Anwalts der Klägerin zur Freigabe der Beträge acht Tage nach Meldungseingang blieb erfolglos. Während des anschließenden Rechtsstreits gab die Bank im Oktober 2023 zumindest eine erste Tranche frei. Das Landgericht verurteilte die Bank zur Freigabe des Restbetrages und zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen. Gegen letzteres richtete sich die Berufung der Bank.
Mit Berufungsurteil vom 25.02.2025 – 10 U 18/24, zu dem nunmehr der Volltext vorliegt, hat das OLG Frankfurt die Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden insoweit aufgehoben. Das OLG stellte klar, dass Anwaltskosten allenfalls dann ersatzfähig sind, wenn die Mandatierung des Anwalts während des laufenden Verzugs erfolgt sei.
Spannender ist jedoch die Feststellung des OLG, dass eine Bank bereits nicht schuldhaft handelt, wenn sie sich mit der Ausführung der Transaktion über die gesetzliche Sperrfrist von drei Werktagen nach Meldung hinaus „einige wenige weitere Tage als Reaktions- und Überlegungszeit lässt“. Das Gesetz spreche insoweit nur von „frühestens“ . Eine solche Abwägung sei nicht fahrlässig, da eine nicht alltägliche Problematik, sehr hohe Geldbeträge und damit eine ggfs. haftungsträchtige Auszahlung des Betrags im Raum stehen. Leider lässt das Urteil jedoch Spielraum für Interpretation, die eingeräumte schuldlose Überlegungszeit nach Wegfall des Anlasses dürfte jedenfalls nicht sehr lange ausfallen.
Kunden müssen damit regelmäßig neben den Prozesskosten auch die außergerichtlichen Anwaltskosten tragen, wenn sie ihre Ansprüche auf Freigabe geltend machen – unwissend, dass die Bank berechtigt die Auszahlung verweigert. Auf die Rechtmäßigkeit der Meldung kommt es für die Kostentragungspflicht ohnehin nicht an, sobald nach Wegfall des Anlasses der Sperrung (Freigabe, Ablauf der Wartefrist) eine unverzügliche Freigabe erfolgt. Denn nach § 48 I GwG darf derjenige, der Sachverhalte nach § 43 GwG meldet, nicht zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden, außer die Meldung erfolgt vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr. Für Kunden ist dies regelmäßig unbefriedigend, da sie über die Gründe der Sperre gerade nicht informiert werden dürfen. Die Notwendigkeit der Einholung rechtlichen Beistands, sowie die Erfolgsaussichten und Kostenrisiken eines Rechtsstreits kann der Kunde daher ex ante nicht sachgerecht einschätzen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch bewusst dafür entschieden, in § 48 GwG einen umfassenden Haftungsausschluss für den Meldenden vorzusehen, der sich auch auf die zivilprozessuale Kostentragung erstreckt (so auch das LG Stuttgart v. 06.07.2023 – 6 O 234/22).
Im Unklaren bleibt jedoch, wann eine Bank oder ihr Rechtsbeistand in einem laufenden zivilrechtlichen Verfahren bekannt geben darf, aus welchem Grund überhaupt die Sperre der Transaktion erfolgt war. Denn nach § 47 GwG darf Kunden gegenüber der Grund der Transaktionssperre gerade nicht offenbart werden. Verstöße sind bußgeld- und strafbewährt. Eine Ausnahme vom Verbot der Informationsweitergabe zur Wahrung berechtigter Interessen im Rechtsstreit sieht das GwG nicht vor. Eine Weitergabe der Informationen nach Freigabe der FIU erlaubt § 47 III 2 GwG explizit nur staatlichen Stellen, nicht aber dem Meldenden. Im Sinne des Zwecks des Informationsverbotes ist jedoch anzunehmen, dass eine Freigabe der FIU analog § 47 III 2 GwG auch den verpflichteten Meldenden befreit. Sobald die FIU die Kompetenz an die Staatsanwaltschaft abgegeben hat, ist diese für Freigaben zuständig. Daneben wird vertreten, dass auch der Abschluss des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens einer konkludenten Zustimmung zur Informationsfreigabe gleichkomme. Ob daneben Rechtfertigungsgründe die Kundgabe im Zivilprozess gestatten, ist umstritten. Sollte eine rechtzeitige Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht einzuholen sein, dürfte der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör jedoch gebieten, dass sich eine Bank nicht sehenden Auges verurteilen lassen muss (und insoweit unter Vollstreckungsgefahr auf eine zweite Instanz verwiesen würde), nur weil keine Informationsfreigabe für die Verteidigung durch Kundgabe des Sperranlasses zu erlangen war.
Um eine etwaige Haftung und gar Bußgelder zu vermeiden, bleibt angesichts der Ungewissheiten bleibt bei der Verteidigung gegen kundenseitige Ansprüche nach Erstattung einer Geldwäscheverdachtsmeldung ein sorgsames Vorgehen anzuraten.
Paul Skatulla
Rechtsanwalt
Licencié en droit