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28.01.2025 | Arbeitsrecht:
Gestärkter Kündigungsschutz für Schwerbehinderte innerhalb der Probezeit?
Bislang wurden bei Kündigungen innerhalb der ersten sechs Monate alle Arbeitnehmer gleichbehandelt – gleichwohl ob es sich mitunter um schwerbehinderte Arbeitnehmer handelte; kurzum, es bestand kein Kündigungsschutz.
Erst nach Ablauf von sechs Monaten war es demnach erforderlich, vor Ausspruch einer Kündigung eines Scherbehinderten ein sog. „Zustimmungsverfahren“ durchzuführen. Bislang war es Arbeitgebern möglich, innerhalb der Probezeit das Arbeitsverhältnis vergleichsweise risikofrei zu beenden, etwa wenn sich die Zusammenarbeit nicht so wie erwartet entwickelt hat.
Es gibt nun allerdings mehrere arbeitsgerichtliche Urteile (z.B. Arbeitsgericht Köln v. 20.12.2023 – 18 Ca 3954/23; Arbeitsgericht Freiburg vom 04.06.2024 – 2 Ca 51/24) und nun auch eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12.09.2024 (Urteil v. 12.09.2024 – 6 SLa 76/24, wonach auch innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses bereits Präventionsmaßnahmen vor Ausspruch einer Kündigung durchzuführen sind (§ 167 Abs. 1 SGB IX). Nach diesen Urteilen, wobei mindestens eines davon bislang noch nicht rechtskräftig zu sein scheint, ist der Arbeitgeber dann, wenn der Arbeitsplatz eines Menschen mit Behinderung in Gefahr ist, auch innerhalb der ersten sechs Monate bereits verpflichtet, ein „Präventionsverfahren“ durchzuführen. Bei einem Verstoß hiergegen droht einerseits die Unwirksamkeit der Kündigung und andererseits ein Diskriminierungstatbestand, der theoretisch Folgeansprüche entstehen lassen kann.
Für Arbeitgeber bedeutet dies, dass auch innerhalb der ersten sechs Monate vor dem Ausspruch der Kündigung verschiedene Stellen einzuschalten sind (z.B. Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat sowie das Integrationsamt), um nach einer Lösung zu suchen. Es ist somit kein klassisches Zustimmungsverfahren erforderlich, jedoch dürfte nach vorgenannten Urteilen eine Kündigung ohne Einschaltung der diversen Stellen unwirksam sein.
Da es sich insoweit – fernab jeglicher gesetzlich kodifizierter Erfordernisse – bislang lediglich um die Rechtsauffassung mehrerer erstinstanzlicher Gerichte sowie eines Landesarbeitsgerichts handelt, bleibt abzuwarten, ob diese Stärkung der Rechte schwerbehinderter Arbeitnehmer mehr als ein Pyrrhussieg bleibt und zu einer dauerhaften Rechtssprechungsänderung führt.
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Christian Prauser
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht