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Keine Rechtsgrundlage für Vorgehen der BaFin zu Prämiensparverträgen
Die Allgemeinverfügung der BaFin bezüglich Zinsanpassungsklauseln bei Prämiensparverträgen ist rechtswidrig – so sieht das zumindest in der I. Instanz die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main.
Der Bundesgerichtshof hatte ab 2004 in einer Reihe von Urteilen die früher üblichen Zinsanpassungsklauseln in Prämiensparverträgen (insbesondere) der Sparkassen und Genossenschaftsbanken für unwirksam erklärt, da die Zinsanpassungsparameter nicht detailliert und transparent in den Vertragsformularen vereinbart sind. Das Problem dieser Rechtsprechung ist, dass die Zinsänderungsklauseln dadurch unwirksam sind, aber weder Gesetz, noch Rechtsprechung eine Möglichkeit vorsehen, unwirksame Klauseln in AGB durch neue wirksame Klauseln rechtssicher zu ersetzen.
Mit Allgemeinverfügung vom 21.06.2021 versuchte die BaFin, Banken und Sparkassen zu verpflichten, Prämiensparer über die Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel zu informieren und Ihnen unwiderruflich zuzusagen, eine noch zu erwartende zivilrechtliche ergänzende Vertragsauslegung einer Zinsnachberechnung zugrunde zu legen oder einen Änderungsvertrag mit einer sachgerechten Zinsanpassungsklausel anzubieten – allerdings beides ohne dass ein Kunde zur Zustimmung verpflichtet werden könne.
Da es sich bei den Prämiensparverträgen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die nicht individuell ausgehandelt werden können, sondern für eine Vielzahl von Kunden vorgegeben werde, besteht die rechtliche Problematik, dass die Kreditinstitute die vom Bundesgerichtshof festgestellte Vertragslücke nicht schließen können. Verstärkt wird die Problematik durch die aktuelle Rechtsprechung des XI. Zivilsenats beim Bundesgerichtshof, dass Nachzahlungsansprüche während der Vertragslaufzeit einer Verjährung nicht unterliegen und – so die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.07.2024, Az.: XI ZR 44/23 – nicht ein richtiger Referenzzinssatz existiert, sondern mindestens drei mögliche Referenzzinssätze in Betracht kommen.
Gegen die von der BaFin per Allgemeinverfügung auferlegte Verpflichtung haben sich mehr als 1000 Kreditinstitute zur Wehr gesetzt.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat den Banken Recht gegeben: Es liegt kein erheblicher, dauerhafter oder wiederholter Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 4 Abs. 1 a) FinDAG vor. Soweit sich die BaFin allgemein auf die Bestimmungen des BGB über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hierzu berufe, sei dies zu unbestimmt. Hinsichtlich der Regelung über die ergänzende Vertragsauslegung sei zweifelhaft, ob es sich überhaupt um ein Verbraucherschutzgesetz handele. Jedenfalls lag im maßgeblichen Zeitpunkt kein Verstoß vor, da noch keine ergänzende gerichtliche Vertragsauslegung vorgelegen habe – und auch bis heute nicht vorliegt und nicht zu erwarten ist.
Der Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist erfreulich, da die BaFin erst vor wenigen Wochen die Allgemeinverfügung modifiziert hat, nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass es nicht nur einen richtigen Referenzzinssatz gibt oder geben wird, sondern einige Referenzzinszeitreihen der Deutschen Bundesbank alternativ in Betracht kommen.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht