Haftung der Bank für spätere Reinvestition in P&R
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04.06.2019 | Bankrecht:
KÜNDIGUNG VON PRÄMIENSPARVERTRÄGEN RECHTMÄSSIG
Der BGH hat am 15.05.2019 über die Rechtmäßigkeit der Kündigungen von Prämiensparverträgen entschieden. Die Entscheidung wurde von Verbraucherschutzanwälten und Banken mit Spannung erwartet.
In den 90er Jahren und Anfang dieses Jahrtausends haben sich viele Banken und Sparkassen ehemals günstig refinanziert durch die Ausgabe von langfristigen Sparverträgen mit variablem Zins und der Zusage, eine im Verlauf der Jahre steigende Prämie auf die unterjährigen Einzahlungen zu leisten. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld belasten diese Alt-Verträge die Bankbilanzen massiv.
Der aktuellen BGH-Entscheidung vorrangegangen waren streitige Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart und Naumburg.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat bereits im Jahre 2015 die Kündigung der sog. „Scala-Verträge“ massigfach für rechtswidrig erklärt und sich zur Begründung auf früheres Werbematerial berufen, das – so die Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart – zur Konkretisierung des Vertragstexts herangezogen werden könnte.
Das Oberlandesgericht Naumburg hat hingegen die Kündigung der Prämiensparverträge für rechtmäßig erachtet und insbesondere in einer aufsehenerregenden Entscheidung dargelegt, dass Verbraucherschutzverbände nicht berechtigt sind, in die individualvertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Bankkunde verallgemeinernd einzugreifen.
Dies hat der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof nunmehr mit seiner Entscheidung vom 14.05.2019 bestätigt.
Diese Entscheidung nutzte der BGH, um verschiedene offene Rechtsfragen zu klären:
Beim Prämiensparvertrag handelt es sich – rechtlich gesehen – um eine unregelmäßige Verwahrung.
Die Regelung in Nr. 26 AGB der Sparkassen, dass Sparverträge von jeder Seite mit dreimonatiger Kündigungsfrist gekündigt werden können, begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken. Diese Vorschrift ist jedoch konkludent ausgeschlossen, solange die höchste Prämienstaffel, die die Bank bei Abschluss des Sparvertrages zugesagt hat, nicht mindestens einmal erreicht war.
In den Vorinstanzen war die Auffassung vertreten worden, dass es sich beim Sparvertrag um einen „umgedrehten Darlehensvertrag“ – vergleichbar dem Bausparvertrag in der Sparphase – handeln könnte. Beim Darlehensvertrag mit variablem Zins ist das Kündigungsrecht nicht abdingbar. Dieser Rechtsauffassung hat sich der BGH nicht angeschlossen.
Die Sparverträge sind auf der Grundlage der vereinbarten Prämienstaffel und der weiteren vertraglichen Bestimmungen dahingehend zu verstehen, dass dem Sparer das Recht zukommt, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart. Die Beklagte hat mit der vereinbarten Prämienstaffel einen besonderen Bonusanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz bedingt einen konkludenten Ausschluss des Kündigungsrechtes aus Nr. 26 AGB – Sparkassen bis zum Ablauf des Sparjahres, in dem erstmals die höchste Prämienstaffel bezahlt wird.
Einen weitergehenden Ausschluss des Kündigungsrechtes oder gar eine unbefristete Laufzeit des Vertrages ist nicht vereinbart. Reißerische Anpreisungen in Werbeprospekten spielen für den Vertragsinhalt und die Auslegung der Vertragsklauseln keine Rolle. Auch wenn im Werbeprospekt eine Musterrechnung mit 25-Jähriger Laufzeit das Produkt anpreist, kann der Prämiensparvertrag vorher gekündigt werden. Ein durchschnittlicher Sparer weiß, dass werbende Anpreisungen nicht geeignet sind, die sich aus dem Sparvertrag ergebenden Rechte, Pflichten und Obliegenheiten abzuändern.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht