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MG&P gewinnt vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht
Vorrang der Sammelklagen – kein Folgenbeseitigungsanspruch auf Entgeltrückzahlung im „Gießkannenprinzip“
Mit Urteil vom 21.03.2024 hat das Hanseatische Oberlandesgericht zugunsten unserer Mandantin unsere Rechtsauffassung bestätigt, dass eine Verbraucherzentrale in einem UKlaG-Verfahren keine Rückzahlung von zu Unrecht erhobenen Entgelten an sämtliche betroffene Verbraucher geltend machen kann (Az. 5 U 128/22).
Das Landgericht Hamburg hatte zuvor einen Auskunfts- und Rückzahlungsanspruch aus §§ 8 I, III UWG für die unverjährte Zeit zuerkannt.
Das Hamburger Obergericht hat diesem Rechtsverständnis zu Recht eine Absage erteilt. Zu Unrecht erhobene Entgelte stellen demnach im Regelungssystems des UWG keine Störung dar, die es für die Zukunft als Gefahr zu beheben gälte. Die Tilgung individueller Schäden iSd. § 9 UWG hat der Gesetzgeber aber gerade nicht der gewinnabschöpfenden kollektiven Rechtsdurchsetzung des § 10 UWG unterworfen. Könnten Verbraucherverbände bedingungslos die Rückzahlung an alle Betroffenen verlangen, so würde das geltende Verjährungsrecht unterlaufen, ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch begründet und es drohten doppelte Inanspruchnahmen.
Vor allem aber hat sich der Gesetzgeber mit der Schaffung der Musterfeststellungsklage in den § 606 ff. ZPO und der neuen Verbandsklage in § 14 VDuG gegen eine Rückerstattung im „Gießkannenprinzip“ entschieden. Verbraucher müssen sich zur kollektiven Durchsetzung ihrer Rechte aktiv in Klageregistern anmelden, damit allein ein anerkannter Verbraucherschutzverband in ihrem Interesse mit Bindungswirkung Prozesse führen und Rückzahlungen begehren kann. Der Gesetzgeber hatte dabei gerade vor Augen, dass insbesondere bei geringen finanzielle Belastungen der Aufwand einer Klageerhebung den effektiven Rechtsschutz des Individuums begrenzen könne. Die Mindesthürden von Musterfeststellungs- oder Verbandsklage wollte er ausweislich der Gesetzesbegründung aber niemandem ersparen. Registriert sich ein Betroffener jedoch nicht zu einem dieser niederschwelligen Klageverfahren, so kann eine Rückerstattung solch „breit gestreuter Schäden“ auch nicht unter Umgehung dieser Wege in UKlaG/UWG-Verfahren geltend gemacht werden.
Folgerichtig verneinte der Senat auch einen Anspruch auf Auskunft über alle Kunden, die von den jeweiligen AGB betroffen wären. Die Frage, ob die ungefragte Herausgabe von Kundendaten an einen Verbraucherverband überhaupt datenschutzrechtlich zu vereinbaren wäre, bedurfte insoweit keiner Beantwortung.
Da die Rechtsfrage bis dato nicht höchstrichterlich geklärt wurde, hat das Hanseatische Oberlandesgericht die Revision zugelassen.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht