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18.10.2023 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
Sparkasse gewinnt mit MG&P beim Bundesgerichtshof:
Kündigung von Prämiensparverträgen nach 15 Jahren war rechtmäßig
Der XI. Zivilsenat beim BGH hat am 17.10.2023 bestätigt, dass die Sparkassen berechtigt waren, langlaufende Prämiensparverträge S-Prämiensparen flexibel mit Erreichen der höchsten Prämienstufe (im 15. Sparjahr) zu kündigen, auch wenn in den bayernweit verwendeten Vertragsformularen weitere Sparjahre ausdrücklich benannt sind, in denen eine gleichbleibend hohe Jahresprämie zugesagt war.
Der Vizepräsident des BGH, Prof. Jürgen Ellenberger, erläuterte in der mündlichen Verhandlung, dass sich dieses Ergebnis aus den bisherigen Urteilen des BGH bereits ergebe und erwähnte insbesondere die Grundsatzentscheidung des BGH vom 14.05.2019 sowie die jüngste Entscheidung vom 25.07.2023, Az.: XI ZR 221/22. Der BGH sehe in dem Versprechen einer steigenden Prämienstaffel einen besonderen Sparanreiz für den Kunden, der diesem von der Sparkasse nicht vorzeitig durch eine Kündigung genommen werden dürfe. Sobald das Prämienplateau erreicht sei, stehe der Sparkasse das Kündigungsrecht jedoch zu.
Bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 14.05.2019 hatte der BGH entschieden, dass ein Sparer redlicherweise nicht erwarten könne, dass ihm mit dem Abschluss des Sparvertrages eine „zeitlich unbegrenzte Sparmöglichkeit“ eröffnet werden soll.
Allerdings setze die Sparkasse in ihren Formularen mit dem Angebot steigender Jahresprämien einen besonderen Sparanreiz, der dazu führe, dass das Kündigungsrecht für den Zeitraum steigender Prämien konkludent ausgeschlossen sei. Mit erstmaligem Erreichen der höchsten Prämienstufe endet der Kündigungsausschluss und die Sparkasse ist zur Kündigung berechtigt.
In den Jahren 1997 bis 2008 verwendeten die bayerischen Sparkassen sowie später auch mehrere ostdeutsche Sparkassen Prämiensparvertragsformulare, in denen für das 3. bis 15. Sparjahr eine steigende Prämienhöhe in Aussicht gestellt war – ergänzt um die Darstellung, mit der die gleichbleibend hohe Prämie von 50 % für das 16. bis 20. Sparjahr ausdrücklich abgedruckt ist.
Der Bankensenat beim Oberlandesgericht Nürnberg wertete die ausdrückliche Erwähnung der Sparjahre 16 bis 20 derart, dass ein durchschnittlicher Sparer erwarten könne, dass die Sparkasse auch für diese Jahre auf ihr Kündigungsrecht verzichte. Es sei der visuelle Eindruck entscheidend.
Wir hatten für die von uns vertretene Sparkasse bereits vor dem Oberlandesgericht Nürnberg ausgerechnet und aufgezeigt, dass eine gleichbleibend hohe Jahresprämie, die sich aus den Einzahlungen eines Jahres errechnet, eine sinkende Gesamt-Rendite ergibt. Auch die (bis vor kurzem anhaltende) Niedrigzinsphase dürfe bei der Vertragsauslegung keine Rolle spielen, da bei einer Vertragsauslegung stets auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen ist und die durch die Lehman-Pleite ausgelöste Niedrigzinsphase bei Abschluss der Prämiensparverträge in den Jahren 1997 bis 2008 nicht zu erwarten, gar nicht einmal vorhersehbar war.
Der mit der Sonderzuständigkeit Bankrecht ausgestattete XI. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof unter Vorsitz des Vizepräsidenten Prof. Jürgen Ellenberger griff diese Argumentation auf und erläuterte, dass die Prämiensparvertragsformulare der bayerischen Sparkassen keinen relevanten Unterschied aufweisen zu jenen Prämiensparvertragsformularen, bezüglich derer der BGH bereits mehrfach das Kündigungsrecht mit Erreichen der höchsten Prämienstufe bestätigt habe. Es mache keinen Unterschied, ob sich das Prämienplateau aus dem Vertragsformular nur konkludent ergebe oder ob einzelne Sparjahre nochmals konkret bezeichnet werden. Mit Erreichen der höchsten Prämienstufe stehe der Sparkasse das Kündigungsrecht nach Nr. 26 AGB der Sparkassen zu.
Mit der Veröffentlichung der Urteilsgründe ist in drei bis vier Wochen zu rechnen.
Die in vielen Individualprozessen und den beiden Musterfeststellungsklageverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht streitige Frage, ob Sparkassen berechtigt sind, mit Erreichen der höchsten Prämienstufe im 15. Sparjahr zu kündigen, auch wenn weitere Sparjahre mit gleichbleibend hoher Prämie ausdrücklich im Prämiensparvertragsformular aufgeführt sind, ist dadurch zugunsten der Sparkassen höchstrichterlich abschließend entschieden.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht