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25.06.2019 | Insolvenzrecht:
WAHLRECHT DES INSOLVENZVERWALTERS BEI GEGENSEITIGEN VERTRÄGEN
BGH ändert und konkretisiert seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen des Wahlrechts des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO.
BGH, Urteil vom 16.05.2019 – Az. V ZR 53/70
Mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird grundsätzlich erst einmal alles infrage gestellt. Das Recht des Insolvenzschuldners über sein Vermögen zu verwalten und zu verfügen geht auf den Insolvenzverwalter über. Bestehende Verbindlichkeiten werden neu bewertet und geordnet. Im Falle von gegenseitigen Verträgen, welche nicht oder noch nicht vollständig erfüllt sind, erhält der Insolvenzverwalter in § 103 InsO ein Wahlrecht – er kann die Erfüllung des Vertrags wählen oder aber ablehnen.
In einer jüngsten Entscheidung des BGH, wurden die Voraussetzungen für das Wahlrecht des Insolvenzverwalters neu konkretisiert und eine ältere Rechtsprechung des BGH überholt. Mit Urteil vom 16.05.2019 (Az. IX ZR 44/18) entschied der BGH, dass im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch im Synallagma stehende Hauptleistungspflichten ganz oder teilweise ausstehen müssen.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall handelte es sich um einen Generalübernehmervertrag. Die spätere Insolvenzschuldnerin hatte sich hierbei zur Planung und Errichtung einer Pflegeeinrichtung verpflichtet, die Gläubigerin zur Zahlung einer Vergütung. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die vereinbarte Vergütung bereits vollständig bezahlt. Auch war die Pflegeeinrichtung bereits errichtet, es bestanden jedoch noch beseitigungsfähige Mängel. Der BGH stellte fest, dass die Insolvenzschuldnerin aufgrund der noch bestehenden Mängel ihre Pflicht nicht vollständig erfüllt hatte. Im Gegensatz hierzu jedoch die noch ausstehende Abnahme der Nachbesserungsarbeiten durch die Gläubigerin nicht als Voraussetzung für § 103 InsO ausreichen.
Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH war der Anwendungsbereich des Wahlrechts schon beim Ausbleiben einer nicht völlig unbedeutenden Nebenleistung eröffnet (BGH, Urteil vom 17.03.1972 – Az. V ZR 53/70). Nach neuerlicher Rechtsprechung bedarf es nun auf beiden Seiten der Vertragsparteien synallagmatische Hauptleistungspflichten, die noch nicht vollständig erfüllt sind. Neben- und Nebenpflichtleistungen, welche mit den Vertragspflichten der anderen Vertragspartei nicht untrennbar verbunden sind, reichen nicht. Die Pflicht zur Abnahme einer Mängelbeseitigungsleistung – wie vorliegend der Fall – ist eine vertragliche Nebenpflicht und eben nicht mit der Pflicht zur Herstellung eines mangelfreien Werkes synallagmatisch verbunden. Der Insolvenzverwalter hatte demnach kein Wahlrecht nach § 103 InsO.
Der BGH hat damit den Anwendungsbereich des Wahlrechts bei gegenseitigen Verträgen auf wesentlichere Voraussetzungen beschränkt. Der Insolvenzverwalter kann das Wahlrecht nach § 103 InsO nur im Falle von noch ausstehenden Hauptleistungspflichten ausüben.