
Einbindung von Google Fonts in Websites – Abmahnwelle!
8. November 2022
Wann ist eine E-Mail zugegangen?
17. November 2022
14.11.2022 | Bankrecht:
Zinsnachzahlungsansprüche bei Prämiensparverträgen: Verjährung naht!
Nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 14.05.2019 zur Kündbarkeit von Prämiensparverträgen mit Erreichen der höchsten Prämienstufe (in der Regel nach 15 Jahren) haben insbesondere Sparkassen noch im Jahr 2019 eine Vielzahl von Prämiensparverträgen gekündigt und beendet.
Die Verbraucherzentralen haben in den Medien sogleich Stimmung gemacht, dass Verbraucher Zinsnachberechnungen verlangen und hohe Zinsennachzahlungsansprüche geltend machen könnten, da der Bundesgerichtshof bereits im Februar 2004 seine Rechtsprechung geändert und die vorher übliche Klausel zur Variabilität des Zinssatzes für unzulässig erklärt hatte. Zusammen mit dem Sachverständigenbüro Hink & Fischer haben die Verbraucherzentralen eine Nachberechnung präsentiert, die zu weit überhöhten Forderungen führt und auf sogenannten gleitenden Durchschnitten basiert, obwohl der Bundesgerichtshof bereits im Dezember 2010 entschieden hat, dass bei der Nachberechnung von Prämiensparverträgen bei unwirksamer Zinsanpassungsvereinbarung ein gleitender Durchschnitt nicht sachgerecht sei.
Während sich die Banken anfangs für Zinszahlungen, die länger als 10 Jahre zurückliegen, auf die Einrede der Verjährung berufen haben, hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung am 06.10.2021 entschieden, dass die dreijährige Verjährung für Zinsnachzahlungsansprüche erst mit Beendigung des Prämiensparvertrages beginnt. Für alle Verträge, die im Jahre 2019 gekündigt wurden, naht mithin die Verjährung zum 31.12.2022.
Über die Frage des Zinsabstandes, des richtigen Referenzzinses, des Anpassungszeitraums und der Anpassungsschwelle wird heftig gestritten; eine höchstrichterliche Entscheidung ist bislang nicht gefallen. Selbst die Frage des richtigen Abstandes, die faktisch geklärt schien, ist wieder offen.
Die Zahl der Beschwerden und der Klagen hält sich bislang in einem unterwartet niedrigen Rahmen. Grund dürfte sein, dass die Sparer mit ihrer Rendite durchaus zufrieden waren und – anders als die sogenannten Verbraucherschützer – einsehen, dass auch gerade in der Niedrigzinsphase die Sparzinsen für langfristige Sparverträge nicht höher sein können als die Sollzinsen für langfristige Immobiliendarlehen.
Die nahende Verjährung wird von Verbraucherschutzverbänden und manchen Kanzleien zum Anlass genommen, noch ein (letztes) Mal die Werbetrommel zu rühren und sich mit neuen Vorschlägen auf dem Markt zu präsentieren.
So wird von einer Berliner Kanzlei neuerdings damit geworben, etwaige Ansprüche „kostenfrei“ durchzusetzen. Liest man die berühmte Fußnote, sieht man, dass „kostenfrei“ bedeuten soll, dass sich die Kosten für die kostenfreie Durchsetzung auf bis zu 50 % der Nachzahlung summieren.
Geworben wird auch mit Abtretungsmodellen – wie diese bei Ersatzansprüchen für Flugverspätungen bereits bekannt und bewährt sind. Dabei sollte aber von den Kunden nicht übersehen werden, dass der Kapitalmarkt stark reglementiert ist und eine Abtretung von Zinsansprüchen zumindest bei laufenden Verträgen einen Verstoß gegen die Geldwäschevorschriften und die Grundsätze der Kontenwahrheit darstellen dürfte – mithin für den Sparkassenkunden nicht der erhoffte Geldsegen, sondern ein Strafverfahren drohen könnte.
Geworben wird von einer anderen Kanzlei mit sogenannten Sammelklagen, da sich ein Gutachten (Gerichtskosten von ca. 3.000,00 €) für den Einzelnen nicht lohne. Verschwiegen wird dabei, dass auch bei der Sammelklage voraussichtlich für jeden einzelnen Sparvertrag ein einzelnes Gutachten eingeholt werden muss – mithin die Kosten nicht reduziert, sondern nur kumuliert werden.
In jeglicher Hinsicht harmlos ist der Aufruf der Verbraucherzentrale Bayern, dass Verbraucher, die nicht rechtschutzversichert sind, kostenfrei die Schlichtungsstelle der Sparkassen und Genossenschaftsbanken anrufen könnten. Harmlos insofern, als der Verbraucher damit weder einen Rechtsverstoß begeht, noch Kosten auslöst. Harmlos allerdings auch für das Kreditinstitut, da die Schlichtungsstellen eine Schlichtung kurzfristig ablehnen werden, denn über Rechtsfragen, die höchstrichterlich nicht geklärt sind, soll eine Schlichtungsstelle nicht entscheiden. Harmlos auch deswegen, da die Verjährung nur solange gehemmt ist, wie die Schlichtung nicht ausgeschlossen ist – mithin bis zum ablehnenden Schreiben des Kreditinstituts.
Bleibt zuletzt noch zu erwähnen der bundesweite Aufruf der Verbraucherzentralen an die Kreditinstitute, doch auf die Einrede der Verjährung zu verzichten – verbunden mit der Ankündigung, anderenfalls weitere Musterfeststellungsklagen vor Jahresende einzureichen. Zumindest im Freistaat Bayern ist mit weiteren Musterfeststellungsklagen nicht zu rechnen, da alle Musterfeststellungsklagen im Freistaat Bayern einheitlich vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht verhandelt werden und die beiden Zivilsenate des Bayerischen Obersten Landesgerichtes sich in den dort bereits anhängigen Musterfeststellungsklagen dahingehend geäußert haben, dass Zinsnachberechnungen nach dem absoluten Abstand und nach einer Referenzzinszeitreihe mit Monatswerten (nicht mit gleitenden Durchschnitten) zu erfolgen haben. Dies entspricht dem, was die Verbraucherzentale Bayern 2004 verlangt und von allen Kreditinstituten seit 2005 in etwa umgesetzt wird. Dies entspricht nur nicht dem, was die Verbraucherzentrale heute rückwirkend in Kenntnis der Niedrigzinsphase für lukrativ erachtet.
Weitere Informationen zum Bankrecht
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht