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19.03.2021 | Steuerrecht:
Erbschaftssteuerfestsetzung gegen unbekannten Erben
Der Bundesfinanzhof hatte in einem Urteil vom 14.06.2020 (Az.: II R 40/17) folgenden Sachverhalt vorliegen:
Im Februar 2014 verstarb der Erblasser. Seine Erben waren zunächst nicht ermittelbar. Es wurde daraufhin ein Nachlasspfleger bestellt. Dieser Nachlasspfleger gab eine Erbschaftssteuererklärung ab. Circa 14 Monate nach dem Tod des Erblassers setzte das Finanzamt die Erbschaftssteuer gegen „unbekannte Erben“ fest. Es schätzte, dass 20 Personen, die nicht näher mit dem Erblasser verwandt waren und deshalb in die Steuerklasse III fielen, den Erblasser zu gleichen Teilen beerbt hatten. Der Bescheid wurde dem Nachlasspfleger bekanntgegeben. Dieser legte dagegen in Vertretung der unbekannten Erben Einspruch ein und monierte, dass er nicht ausreichend Zeit gehabt habe, die Erben zu ermitteln. Das Finanzamt könne nicht einfach schätzen, wie viele Erben etwa geerbt hätten und wie hoch die Freibeträge seien. Daraufhin änderte das Finanzamt die Anzahl der Erben auf 30 Personen. Ansonsten hielt es die Erbschaftssteuerfestsetzung unverändert aufrecht.
Gegen den Bescheid erhob der Nachlasspfleger Klage zum Finanzgericht. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt recht. Auch der BFH, der anschließend eingeschaltet wurde, gab dem Finanzamt recht.
Sind die Erben noch nicht bekannt und ist eine Nachlasspflegschaft angeordnet, kann die Erbschaftssteuer gegen „unbekannte Erben“ festgesetzt werden. Bei diesem handelt es sich zunächst um ein abstraktes Subjekt, das sich später als eine oder mehrere reale Personen herausstellen kann. Somit ist der Schuldner für die Erbschaftssteuer vorhanden. Das Finanzamt kann sich an den bestellten Nachlasspfleger wenden, der für die unbekannten Erben eine Erbschaftssteuererklärung abzugeben hat. Das Finanzamt darf dann die Anzahl der Erben, die Erbquote, die Zugehörigkeit zu der Steuerklasse und die anwendbaren Freibeträge schätzen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Nachlasspfleger nach dem Erbfall ausreichend Zeit hatte, zunächst die Erben zu ermitteln. Wieviel Zeit ihm dafür einzuräumen ist, kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Im Allgemeinen gilt die Faustregel, dass ein Jahr ausreichend ist.
Ruft der Nachlasspfleger das Finanzgericht an, dann muss dieses die Schätzung des Finanzamtes voll überprüfen. Können die unbekannten Erben bis zum Schluss der Gerichtsverhandlung ermittelt werden, darf die Erbschaftssteuer aber nicht mehr gegen die unbekannten Erben festgesetzt werden. Werden die Erben aber im Verfahren vor dem Finanzgericht nicht ermittelt, kann das Gericht die Erbschaftssteuerschätzung gegen unbekannten Erben aufrechterhalten und als seine eigene übernehmen. Der BFH ist in solchen Fällen dann ebenfalls an die Schätzung gebunden und kann sie nur auf grobe Fehler überprüfen.
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Dr. Norbert Gieseler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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