Vorsteuerabzug für die Anschaffung von Luxusfahrzeugen
7. Februar 2019Legal Tech – Chance oder Gefahr für Kanzleien?
13. Februar 2019
11.02.2019 | Bankrecht:
KEIN WIDERRUFSRECHT BEI PROLONGATION IM WEGE DES FERNABSATZES
Richtungsweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.01.2019 – Az.: XI ZR 202/18
Der Bundesgerichtshof hat erstmals zu dem Problemkreis Stellung genommen, ob Darlehensnehmern, welche ihre (ursprünglichen) Darlehensverträge – unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln – verlängert haben, ein (erneutes) Widerrufsrecht zusteht. Mit überzeugenden Argumenten hat er sich hierbei der ständigen Rechtsprechung des 23. Zivilsenates des OLG Frankfurt am Main angeschlossen und der gegenteiligen Rechtsprechung, insbesondere auch einem Urteil der 6. Zivilkammer des LG Nürnberg – Fürth, Einhalt geboten.
Problemstellung:
Aufgrund der abgelaufenen gesetzlichen Ausschlussfrist zum 21.06.2016 und damit etwaig verpasster Widerrufe, haben sogenannte Verbraucherschützer in letzter Zeit vermehrt versucht, sogenannte Altverträge, also solche die vor dem 10.06.2010 geschlossen worden sind durch einen „Kunstgriff“ doch noch zu widerrufen. Dies zumindest, wenn die ursprüngliche Zinsbindung bereits abgelaufen und hier eine neue Vereinbarung geschlossen wurde. Hierfür wurde dann eben der Widerruf von sogenannten Prolongationen, also Anschlusszinsvereinbarungen für die Zeit nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Zinsbindung, erklärt. Die Darlehensnehmer seien nicht oder nicht richtig über ihr dann (angeblich neu) gegebenes Widerrufsrecht belehrt worden. Hintergrund war, dass diese Anschlusszinsvereinbarungen oftmals so zustande kamen, dass das Kreditinstitut den Darlehensnehmern beispielhaft per Mail oder Brief vor Ablauf der vereinbarten Zinsfestbindung ein neues Angebot für eine Weiterfinanzierung unterbreitet hat. Wurde eine solche Prolongation erfolgreich zwischen den Parteien – ohne jedweden persönlichen Kontakt – vereinbart, wurde verbraucherseits argumentiert, dass nunmehr ein Widerrufsrecht nach den einschlägigen Fernabsatzvorschriften einzuräumen gewesen sei. Problematisch war diese Argumentation auch bei Prolongationen bei denen dem Darlehensnehmer, obwohl hierzu rechtlich keine Verpflichtung bestand, ein Widerrufsrecht gemäß Verbraucherdarlehensrecht eingeräumt wurde. Da dieses nicht den zusätzlich erforderlichen Informationen nach Fernabsatzrecht gerecht wurde und wurde daher die Auffassung vertreten, dass eine etwaige Widerrufsfrist dann nicht anlaufen konnte.
Die Entscheidung des BGH:
Im Rahmen eines Beschlusses über die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde hat der XI. Zivilsenat unmissverständlich klargestellt, dass bei einem Verbraucherdarlehensvertrag, welcher ursprünglich in Form einer sogenannten unechten Abschnittsfinanzierung geschlossen wurde, im Fall der Prolongation die Vorschriften über Fernabsatzverträge, in dem Zeitraum 08.12.2004 bis 22.02.2011 geltenden Fassung, keine Anwendung finden. Er stellte klar, dass dem Darlehensnehmer, welchem durch die Neuvereinbarung der Konditionen kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wurde, auch kein (erneutes) Widerrufsrecht – auch nicht nach Fernabsatzrecht – zusteht. Er argumentierte hier insbesondere damit, dass reine Konditionenanpassungen von Anfang an vertraglich vorgesehen sind und diese Auslegung des nationalen Rechts auch durch europarechtliche Vorschriften gestützt wird. Er bezeichnete die Auslegung des Unionsrechts als „offenkundig“ und kritisierte damit entgegenstehende Rechtsprechung dahingehend, dass diese die Einheit des Darlehensvertrages bei der unechten Abschnittsfinanzierung außer Acht gelassen habe.
Fazit:
Der XI. Zivilsenat konkretisiert seine Rechtsprechung zum Widerruf von Darlehensverträgen in einem entscheidenden Punkt. Die Entscheidung ist folgerichtig, da dem Darlehensnehmer, welchem ursprünglich bereits ein Widerrufsrecht eingeräumt wurde, kein erneutes Widerrufrecht einzuräumen ist, wenn er denn – ganz praktisch gesehen – das Darlehen auch ohne den Abschluss einer Prolongation hätte schlichtweg an das Kreditinstitut zurückführen können. Dogmatisch folgerichtig untermauert der BGH dieses Ergebnis auch unter Hinweis auf Fernabsatz- und Unionsrecht.
Alexander Göhrmann
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht