Landgericht entscheidet, dass Kunden von langjährigen Prämiensparverträgen keine Ansprüche auf Zinsnachzahlung zustehen
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24.02.2021 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
BaFin-Aufruhr geht an der Realität vorbei!
Die BaFin erwägt den Erlass einer Allgemeinverfügung bezüglich Zinsanpassungsklauseln bei Prämiensparverträgen.
Die BaFin erhebt hierbei den Vorwurf, dass Banken auf ein Urteil des BGH, das bereits im Jahre 2004 ergangen ist und veröffentlicht wurde, nicht reagiert hätten. Der Vorwurf ist unbegründet.
1.
Zutreffend hat das Landgericht Bamberg in mehreren Urteilen vom 18.12.2020, 12.01.2021 sowie 26.01.2021 entschieden, dass Verbraucher keine Zinsnachzahlungsansprüche geltend machen können, da die Sparkasse in den Jahren 2005 und 2006 bereits auf die Urteile reagiert hatte, intern Kriterien für die Zinsanpassung verbindlich festgelegt hat und diese zwar den Bestandskunden nicht mitgeteilt hatte, aber den Zinszahlungen der folgenden Jahre zugrunde gelegt hat.
2.
Einen anderen Weg erwägt aktuell das Landgericht Nürnberg-Fürth, das zwar Ansprüche auf Zinsnachberechnung nicht gänzlich ablehnt, aber im Ergebnis weit unter den verbraucherseits gewünschten Zahlungen bleiben wird.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth verfolgt derzeit den interessanten Ansatz, dass der Referenzzins, an dem sich die Zinsanpassung orientieren muss, nicht langfristig und nicht hochverzinslich sein muss. Relevant sei der Spareckzins für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist!
Die Prämiensparverträge sehen die Besonderheit vor, dass einerseits der Sparer jederzeit kurzfristig über sein angespartes Guthaben verfügen kann – 2.000,00 € sofort, den Rest innerhalb von drei Monaten – und andererseits durch die sukzessive steigenden Prämien ein Anreiz geschaffen wird, das angesparte Kapital lange liegen zu lassen. Dies hatte den BGH schon einmal veranlasst, in einer BGH-Entscheidung beiläufig (juristisch: obiter dictum) zu erwähnen, dass der Langfristcharakter bei der Auswahl des Referenzzinssatzes zu berücksichtigen sei. Das Landgericht wies jüngst in einem Hinweis- und Beweisbeschluss darauf hin, dass dies nicht zwingend sei, da der Langfristcharakter sich durch die steigenden und nach einigen Jahren sehr hohen Prämien ergäbe und diese Prämien unabhängig von der streitigen Zinshöhe geschuldet und bezahlt werden. Der Langfristcharakter wird durch die sukzessive steigenden Prämienhöhe initiiert. Diese Prämien stehen aber nicht im Streit, sondern stehen dem Sparer unzweifelhaft zu.
Im Streit steht einzig der Zinssatz. Der „Langfristcharakter“ habe mit diesem nichts zu tun. Im Zinssatz spiegele sich wieder, dass der Sparer jederzeit über das angesparte Vermögen kurzfristig verfügen könne. Insoweit sei der Prämiensparvertrag mit einem normalen Sparbuch vergleichbar. Als relevanter Referenzzins ist daher der Spareckzins für Sparbücher mit dreimonatiger Kündigungsfrist maßgeblich.
Sofern der im Prämiensparvertrag vereinbarte Zinssatz bei Vertragsabschluss höher war, als der normale „Sparbuchzins“ muss dies beibehalten werden.
3.
Drittens stellt sich die Frage, für welchen Zeitraum Zinsen, wenn überhaupt, nachzuberechnen und nachzuzahlen sind.
Hier darf nicht der Anspruch auf Auszahlung mit dem Anspruch auf Zinsgutschrift verwechselt werden. In allen Prämiensparverträgen ist vereinbart, dass der Zins zum 30.12. eines jeden Kalenderjahres dem Sparkonto gutgeschrieben wird, zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls Steuern anfallen und ab diesem Zeitpunkt Zinseszinsen verdient werden. Die Fälligkeit des Anspruchs auf Zinsen (in korrekter Höhe) ist mithin vertraglich geregelt und auf den 30.12. eines jeden Kalenderjahres fixiert. Nach den meisten Sonderbedingungen kann über den Zins (unabhängig von einer Kündigung des Sparvertrages) sogar in den Anfangsmonaten des Folgejahres verfügt werden. Wenn der Zins allerdings zum 30.12. eines jeden Jahres fällig wird, sind Zinsnachzahlungsansprüche spätestens zehn Jahre später verjährt. Sofern der Kunde sich die Zinsen hat im Sparbuch nachtragen lassen, sogar drei Jahre später.
All dies relativiert die Hoffnungen (und Anfeindungen), die von Verbraucherschutzverbänden derzeit geschürt werden immens und lässt die Vorwürfe der BaFin auf Unverständnis stoßen.
Weitere Informationen zum Bankrecht
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht