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31.07.2023 | Bank- und Kapitalmarktrecht:
Greenwashing vor Gericht
Der Klimawandel treibt den energetischen Transformationsprozess voran. Suchen Klimakleber mit Straßenblockaden kurzfristige Aufmerksamkeit, versuchen Umweltschutzverbände mit Zivilklagen dauerhafte Änderungen der Geschäftspolitiken, auch der Geschäftspolitik einer (französischen) Bank.
Umweltverbände haben in Frankreich die Großbank BNP Paribas vor einem Zivilgericht verklagt mit dem Ziel, dass die Bank verpflichtet sei, aus der Finanzierung von Öl- und Gasgeschäften gänzlich auszusteigen und dadurch die mittelbaren CO2-Emissionen der Bank (und damit Frankreichs sowie Europas) zu reduzieren.
Den Weg, über gesetzliche Vorgaben für den Bankensektor die Wirtschaftspraxis zu ändern, ist auch in Deutschland die Bundesregierung bereits gegangen. Es ist ein Leichtes, durch Vorgaben für die Kreditvergabepraxis der Banken Einfluss auf die gesamte Marktwirtschaft zu nehmen, denn jeder weiß: „Ohne Moos nix los“, d.h. ohne Finanzierung sind die Möglichkeiten jeglicher Produktion, Distribution und Entwicklung elementar und existenziell eingeschränkt.
In Frankreich wird die Unterlassungsklage gegen die BNP Paribas mit einem Gesetz begründet (oder zu begründen versucht), das zumindest in seiner Zielrichtung dem deutschen Lieferkettengesetz vergleichbar sein dürfte.
Die Frage zu stellen, ob auch nach deutschem Recht ein vergleichbarer Unterlassungsanspruch eines Umweltschutzverbandes gegen eine Bank (erfolgversprechend) geführt werden könnte, darf daher sicherlich nicht als Phantasterei abgetan werden.
Selbst wenn nicht nur auf den ersten Blick ein Rückgriff auf §§ 1004, 823 BGB eher Probleme als Durchgriffsmöglichkeiten aufzeigt, darf vor allem nicht übersehen werden, dass eine entsprechende Klage für die betroffene Bank für negative Schlagzeilen sorgen dürfte und schon dadurch Geschäftsmodell und Umsatz der Bank massiv beeinträchtigt werden dürfte.
Mag die große Klage gegen eine Großbank mit dem Ziel der Einflussnahme auf die Kreditvergabepraxis aus deutscher Sicht zumindest räumlich noch weit entfernt sein, sind Haftungsrisiken mit der Vermittlung von nachhaltigen Anlagen durch Banken bereits Realität.
Angaben in Produktbeschreibungen und reißerische Werbeanzeigen dürfen keine falschen Angaben enthalten – dies gilt auch für die Angaben zur Nachhaltigkeit, dem CO2-Fußabdruck, etc. Bei falschen oder irreführenden Angaben drohen nicht nur Abmahnungen oder Klagen auf zukünftige Unterlassung, sondern zunehmend auch Schadensersatzklagen und Rückabwicklungsansprüche, wenn bei einer grünen Anlage die (nicht garantierte) Renditeerwartung ebenso übertrieben war wie die (nicht reale) Beschreibung der Nachhaltigkeitskriterien einer grünen Kapitalanlage.
Schaden ist nach der Legaldefinition jede unfreiwillige Einbuße an materiellen und immateriellen Gütern, wobei dies auch das ideelle Interesse umfasst. Kaufreue begründet einen Rückabwicklungsanspruch nicht. Kann sich der Anleger jedoch auf zu positive Prospektangaben oder zu ambitionierte Darstellungen der Anlage im Beratungsgespräch berufen, können grünes Gewissen und nachhaltige Zielvorgaben die Kompensation materieller Verluste begründen.
Johannes Meinhardt, M.B.A.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht